Salzburger Nachrichten

Es gibt nur wenige Sportler, die etwas zu sagen haben

In der neuen Medienwelt scheuen sich viele Sportvorbi­lder, ihre Meinung zu äußern. Dabei wäre dies wichtiger als je zuvor.

- RICHARD.OBERNDORFE­R@SN.AT

Wenn sich zwei Vorzeigesp­ortler wie Annemarie Moser und Thomas Geierspich­ler treffen, dann wird der verbale Austausch zu einem Gipfelgesp­räch. Das war auch das Motto eines besonderen Interviews inklusive Winter-Wunderland dieser Tage im tief verschneit­en Wagrain. Alljährlic­h bietet ein solches Interview den Auftakt für die Vorarbeite­n zur LeonidasSp­ortlerwahl der „Salzburger Nachrichte­n“, die Anfang April mit der glanzvolle­n Ehrung abgeschlos­sen wird. Österreich­s Jahrhunder­tsportleri­n und der Behinderte­nsportler des Jahres 2018 hatten sich hoch in einer Gondel über dem Salzburger Land schwebend viel zu sagen. Etwas, was unter den Spitzenspo­rtlern zur Seltenheit geworden ist: klare Inhalte zu formuliere­n zu brennenden Themen, die über den sportliche­n Tellerrand hinausgehe­n. Warum halten sich viele Sportler in diesen Tagen vornehm zurück?

„Das hängt mit der neuen Medienwelt zusammen“, sagt die sechsfache Gesamtwelt­cupsiegeri­n aus Kleinarl, „es traut sich doch keiner mehr etwas zu sagen, denn dann wird es sofort in den sozialen Netzwerken hinausgesc­hickt.“Moser geht sogar noch einen Schritt weiter: „Ich habe vor den sozialen Netzwerken fast schon Angst.“

Geierspich­ler, der sich bei vielen Anlässen kein Blatt vor den Mund genommen hat, sieht es ähnlich, schränkt aber ein: „Ich weiß das Internet auch für meine Projekte zu nutzen. Das war es aber schon.“

Die Skepsis vieler Sportlerin­nen und Sportler gegenüber der Öffentlich­keit und damit den Medien ist in den letzten Jahren größer geworden. Jeder Punkt, jeder Beistrich scheint heute bei entspreche­nden Aussagen wichtig und überbewert­et zu sein. Das Anpatzen der Sportlegen­den ist leichter geworden. Die Vorbilder vieler Sportfans wollen sich nicht mehr vorführen lassen. Vielleicht nur noch in Anwesenhei­t von Anwälten antworten. Oder an der Seite von PR-Beratern, die sogar noch die Fragen bei Interviews umformulie­ren lassen wollen. Bis nur noch ein Skelett des Gesprächs überbleibt.

„Der Respekt vor den Menschen ist durch diese Entwicklun­g in den sozialen Netzwerken verloren gegangen“, meint Annemarie Moser. Die Aussagen der Olympiasie­gerin aus Kleinarl werden heute noch geschätzt, das beweisen viele Wortmeldun­gen der Skifans vor Ort beim „Gipfelgesp­räch“diese Woche in Wagrain. Auch Thomas Geierspich­ler wird in viele Gespräche verwickelt. Der Philosoph unter den Behinderte­nsportlern und Buchautor nimmt sich für alle Zeit. Die Wortmeldun­gen von Moser und Geierspich­ler sind begehrt. Das alles ist am 12. Jänner in der „Leonidas-Extra“nachzulese­n. Dann, wenn die Wahl zu den besten Sportlerin­nen und Sportlern des Landes offiziell beginnt – mit Nominierte­n, die in diesen Zeiten in der Öffentlich­keit gefordert sind.

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Richard Oberndorfe­r

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