Meghan und der Zaunkönig
Wer die wirklich wichtigen Nachrichten liest, der weiß: Meghan ist ein Biest. Meghan ist ein Luder. Meghan trägt keinen BH. Zwischen Meghan und Kate herrscht Zickenkrieg. Meghan brüskiert mit ihrem Outfit. Meghan schockt mit Nacktfotos. Meghan verärgert die Queen. Also ein Wahnsinn.
Wer immer diese Meghan sein mag (sie dürfte etwas mit Donald Trump zu tun haben, so abgrundtief böse wie sie ist), sie muss jedenfalls un-glaub-lich wichtig sein. Alles, was sie tut oder lässt, wird hundertfach beschrieben, tausendfach kommentiert und millionenfach beobachtet. Das zeugt von enormer Wichtigkeit. Oder von Prinzessin-Sein.
Prinzessinnen beschäftigen die Menschheit seit jeher intensiv. Kaum ein Märchen kommt ohne reizende Königstochter aus. Eine Prinzessin namens Christian brachte es bis an die Spitze der heimischen Sozialdemokratie. Und eine gewisse Prinzessin Sisi aus dem bayrischen Possenhofen ist überhaupt das Maß aller überflüssigen Dinge.
In Wien gibt es ein Sisi-Museum, einen Sisi-Shop, Sisi-Führungen, SisiVerkleidungen für Kinder, Sisi-Haarsterne, Sisi-Torten, Sisi-Papiertaschentücher. Und an jedem Feiertag, den die Republik werden lässt, laufen im ORF ein bis drei Sisi-Filme. Im Vergleich zu diesem historischen Paradiesvogel Sisi ist Meghan ein echtes Armutschkerl.
Auch Prinzessin Stephanie von Belgien, die Frau des Kronprinzen Rudolf, wird bis heute hoch geehrt. Nach ihr ist auf Papua-Neuguinea nämlich ein echter Paradiesvogel benannt. Er hört auf den schönen Namen „Astrapia stephaniae“, zu deutsch Stephanie-Paradieselster. Und auch Kronprinz Rudolf selbst kam auf Papua-Neuguinea zu Vogel-Ehren. Nach ihm ist „Paradisaea rudolphi“benannt, der Blauparadiesvogel. Wäre Heinz-Christian Strache ein Vogerl, wäre er sicher gern so eines.
Nicht zu verwechseln ist „Paradisaea rudolphi“bitte mit „Paradisaea guilielmi“. Dessen Namenspatron ist der deutsche Kaiser Wilhelm II., weshalb er zu deutsch Kaiser-Paradiesvogel heißt, aber keine Pickelhaube trägt.
Auch hier hat Meghan das Nachsehen. In ganz Papua-Neuguinea ist kein „Paradisaea luderi“bekannt.
Aber wenn wir schon bei Vogelnamen sind: Es gilt hier von einer groben Ungerechtigkeit zu berichten. Nämlich ist einer der kleinsten heimischen Vogelarten zwar wie seine papua-neuguinesischen Fern-Verwandtschaft nach einem gekrönten Haupt benannt und heißt Zaunkönig. Der lateinische Name dieses possierlichen Tierchens ist aber gelinde gesagt eine Frechheit, denn er lautet „Troglodytes troglodytes“.
Bekanntlich ist ein Troglodyt ein Höhlenmensch mit zottigem Haar, schlechtem Benehmen und einem bedauerlichen Mangel an Kultur. Also quasi US-Präsident. Wie kommt jetzt der niedliche Zaunkönig dazu, als Troglodyt bezeichnet zu werden?
Dagegen sollte die Regierung einmal etwas unternehmen! Und zwar durchaus im eigenen Interesse. Denn der Zaunkönig wird, weil er sogar im Winter seine fröhlichen Liedchen trällert, auch Schneekönig genannt. Und wenn man nun über manche derzeitige Minister sagt, sie freuen sich wie die Schneekönige, dass sie in der Regierung sitzen dürfen, heißt das nicht mehr und nicht weniger, als dass sie sich wie Höhlenmenschen benehmen. Wie doppelte sogar. Troglodytes troglodytes.
Um aber nach all den Prinzessinnen, Kaisern und Zaunkönigen doch republikanisch zu schließen: Auf den bereits mehrfach erwähnten Eilanden von Papua-Neuguinea gibt es auch ein Vogerl, das nicht nach einem gekrönten Haupt benannt ist: Cicinnurus respublica, der Nacktkopf-Paradiesvogel. Sein Kopf ist türkis-blau. Er könnte also bald unseren Doppeladler ersetzen.