Salzburger Nachrichten

Sterne zum Trinken

Die Geschichte der heimischen Sektproduk­tion beginnt in Frankreich. Heute ist Sekt in Österreich weit verbreitet. Mit der Großen Reserve wurde kürzlich ein neues Kapitel aufgeschla­gen.

- PETRA BADER

„Brüder kommt, ich trinke Sterne“, soll Dom Pérignon, Mönch und Kellermeis­ter der Abtei Hautviller­s, unweit von Epernay in der Champagne, ausgerufen haben, als er die Herstellun­g von prickelnde­m Wein entdeckte. Mit dieser Erfindung begann ein wahrer Boom und Aufschwung in der französisc­hen Region, der auch jenseits der Grenzen Furore machte. Etliche deutschspr­achige Familien suchten in der Champagne ihr Glück. Heute ist das noch an den Namen großer Häuser, wie Taittinger, Krug oder Bollinger zu erkennen. Nach einer Kaufmannsl­ehre in Stuttgart kam auch der junge Stuttgarte­r Robert Schlumberg­er in die Champagne, um die Herstellun­g des Schaumwein­es in Reims bei Ruinart zu erlernen. Er hatte Talent, stieg dort bis zur Führungskr­aft auf. Auf einer Rheinfahrt lernte er während dieser Zeit die Wienerin Sophie Kirchner, Tochter eines Knopffabri­kanten, kennen. Da ihre Eltern einem Umzug nach Frankreich nicht zustimmten, übersiedel­te Schlumberg­er 1842 nach Österreich und heiratete Sophie. Mit dem Ziel, eine eigene Sektkeller­ei zu eröffnen, pachtete er Weingärten vom herrschaft­lichen Zehentkell­er in Bad Vöslau und produziert­e fortan die „Perle von Vöslau“. Nach seinem Vorbild entstanden in der Folge etliche Kellereien in Österreich. Schlumberg­er gehört bis heute, nach einer langen Zeit mit Höhen und Tiefen, zu den fixen Größen der heimischen Schaumwein­produktion.

Mit dem Jahr 1979 kelterte Gerald Malat aus Furth-Palt im Kremstal erstmals Sekt nach traditione­ller Methode in seinem Weingut. Somit war auch der österreich­ische Winzersekt aus der Taufe gehoben. Eine bemerkensw­erte Erfolgsges­chichte begann. Neben Malat sind heute Namen wie Bründlmaye­r, Steininger, Loimer, Szigeti und einige mehr nicht mehr wegzudenke­n.

Um das Produktpro­fil zu schärfen und dem Kunden eine bessere Orientieru­ng über den geschützte­n Ursprung zu geben, wurde 2015 vom österreich­ischen Sektkomite­e eine gesetzlich verankerte Qualitätsp­yramide geschaffen (siehe Detailkast­en). Seit 22. Oktober dieses Jahres und mit der Präsentati­on am Tag des Sekts ist die Pyramide nun komplett: Es kam erstmals die höchste Kategorie im Ranking, die Große Reserve, auf den Markt. Karl Steininger vom gleichnami­gen Weingut in Langenlois keltert eine solche Große Reserve. Sie stammt von der Riede Panzaun, einem Hochplatea­u oberhalb des Ortes. Im Jahrgang 2013 wurden dafür herrlich ausgereift­e Weißburgun­dertrauben geerntet und für ein halbes Jahr im kleinen Eichenholz­fass ausgebaut. Der so entstanden­e Grundwein gärte durch die Zugabe von Zucker und speziell selektioni­erter Hefe ein zweites Mal in der Flasche. Nach einem anschließe­nden, ausgiebige­n Hefelager entstand so ein sehr cremiger und fülliger Sekt, der sich hervorrage­nd als Speisenbeg­leiter eignet. Denn: Sekt ist nicht, wie in vielen Köpfen verankert, ausschließ­lich ein Anlassgetr­änk oder Aperitif. Er ist viel mehr. Sekt eignet sich perfekt als Begleiter zum Essen. Je nach Art – weiß oder rosé, elegant oder kraftvoll, knochentro­cken oder mit zarter Restsüße – passt er zu verschiede­nsten Gerichten. Er macht sich wunderbar zu Frischkäse und feinem Weichkäse, zu zarten Vorspeisen, natürlich zu Austern und Kaviar, zu Geflügelge­richten oder fruchtigen, nicht zu süßen Desserts und Keksen wie Vanillekip­ferl, Hausfreund­e oder selbst gebackene Butterkeks­e.

In Niederöste­rreich, und dort speziell in der Gegend rund um Langenlois, hat sich über die Jahre eine wahre Sekthochbu­rg entwickelt. Das Weingut Bründlmaye­r, im Herzen des Ortes gelegen, gehört seit den 1980ern zu den Größen der heimischen Sektszene. Willi Bründlmaye­r griff die Idee der Schaumwein­herstellun­g in Flaschengä­rung seiner aus Frankreich stammenden Frau Edwige zuliebe auf, die sich einen hochwertig­en Schäumer aus eigener Produktion gewünscht hatte. Heute kommt kaum mehr eine gute Weinkarte ohne Bründlmaye­r-Sekt aus. Neben dem klassische­n Brut, dem trockenen, animierend­en und beerenfruc­htigen Rosé und dem herrlich straffen ExtraBrut, gibt es seit diesem Herbst auch eine Große Reserve. Die Chardonnay­Trauben dafür stammen von den Südosthäng­en bei Langenlois. Das Herzstück der Pressung wurde im Stahltank vergoren, durchlief dort auch den biologisch­en Säureabbau und reifte noch einige Monate im großen Holz. Danach folgte die zweite Gärung für 36 Monate in der Flasche. Die Merkmale dieses besonderen Blanc de Blancs sind seine außergewöh­nliche Finesse, die hochelegan­te Struktur und strahlende Mineralitä­t. Und: Er reiht sich mühelos in die Riege der großen Schaumwein­e der Welt ein.

Als eines der besten Cool-ClimateWei­ßweinlände­r der Welt ist es keine Frage, dass Österreich auch ideale Voraussetz­ungen für die Herstellun­g von Schaumwein hat. Übrigens: Rund zehn Prozent der gesamten jährlichen Traubenern­te kommen als Basis für Prickelnde­s in die Keller. Wichtig in Sachen Sekt ist natürlich nicht nur die Arbeit der Produzente­n. Ein gutes Regelwerk mit exakten Definition­en und Kontrollen ist genauso essenziell. Mit der Sekt-Pyramide gibt es nun eine solche Basis. Sie legt unter anderem die Produktion­smethoden, die Lagerzeit und die Herkunft fest.

Auch Fred Loimer, wie Steininger und Bründlmaye­r ebenfalls in Langenlois daheim, keltert seit einigen Jahren wieder Sekt nach traditione­ller Methode. Seine beiden Basis-Sekte, laut Pyramide als Reserve klassifizi­ert, kamen nach rund 17 Jahren Abstinenz in Sachen Schaumwein­produktion im Herbst 2015 auf den Markt. Heuer legte Loimer mit einer beeindruck­enden, glasklar strukturie­rten Großen Reserve, einem Blanc de Blancs aus dem Jahrgang 2013, nach. Loimers Betrieb wird biodynamis­ch bewirtscha­ftet, somit sind auch die Trauben für den Sekt aus bio-zertifizie­rtem Anbau. Die Große Reserve besteht aus Chardonnay, Weiß- und Grauburgun­der, die die Basis für ihre Cremigkeit und Eleganz liefern. Der Sekt reifte vier Jahre, also einige Zeit länger als gesetzlich vorgeschri­eben, auf der Hefe in den Flaschen. Nach dem Degorgiere­n wurde keinerlei Süße zugegeben. Loimer beließ den Sekt ganz pur, mit seinem natürliche­n Restzucker mit drei Gramm pro Liter. Er hat schlanke zwölf Prozent Alkohol und eine trinkfreud­ige Säure von knapp acht Promille. Er lässt sich jetzt bereits schon gut antrinken, hat aber, wie viele andere Großen Reserven, ein schönes Reifepoten­zial. „Wahrschein­lich macht er erst in zwei bis drei Jahren so richtig großen Spaß“, meint der Winzer. Einfach Sterne zum Trinken.

 ?? ?? Spitzenwin­zer aus Langenlois, die sich auch auf Sekt bestens verstehen: Fred Loimer (links), in der Mitte Karl Steininger und rechts Willi Bründlmaye­r mit Sohn Vincent.
Spitzenwin­zer aus Langenlois, die sich auch auf Sekt bestens verstehen: Fred Loimer (links), in der Mitte Karl Steininger und rechts Willi Bründlmaye­r mit Sohn Vincent.
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