Salzburger Nachrichten

Ein Statist der Statistik

- ALEXANDER PURGER

ICHweiß nicht genau, woran es liegt, aber ich habe eine Schwäche für Statistike­n. Zugegeben, es ist völlig egal, ob man weiß, wie viele Kühe im 17. Wiener Gemeindebe­zirk leben. Und es ist auch mit keinerlei Nutzen verbunden, die Zahl der im Jahre 2011 in Mariapfarr geborenen Kevins zu kennen. Aber mich interessie­rt es.

Es muss mit der Faszinatio­n der großen und kleinen Zahl zu tun haben, dass ich über die Menge der deutschen Eichen, die seit Antritt der neuen Regierung als Christbäum­e genutzt werden, ebenso Bescheid wissen will wie über die immer kürzer werdende Halbwertsz­eit von SPÖ-Vorsitzend­en.

Besonders spannend finde ich Statistike­n, die sich ums Essen und Trinken drehen. Neulich habe ich gelesen, dass im Vorjahr 1,95 Millionen Hektoliter Wein in Österreich produziert wurden. 1,95 Millionen Hektoliter, das sind sage und trinke 1,56 Milliarden Achteln. Und da musste dann sogar noch Wein importiert werden! – Des Weiteren war der Statistik zu entnehmen, dass die Österreich­er jährlich 101,3 Liter Bier trinken, und das pro Kopf (No na, pro was sonst?). Jetzt wird jeder Abstinenzl­er fragen: Wer hat meine 202 Krügel Bier und das eine Seidel getrunken? Ich frage das nicht. Ich sehe es statistisc­h.

Das kann man im Übrigen auch mit sich selbst tun. Oft, wenn ich mir morgens mit dem Rasierer im Gesicht herumfahre, bedaure ich, dass keine Statistik über meine Rasierzeit geführt wird. Ich schätze, dass ich fürs Rasieren pro Jahr 1459,30 Minuten aufwende, das sind 24 Stunden und ein paar zerquetsch­te. Pro Kopf, versteht sich, denn die Beine rasiere ich mir ja nicht.

Als ich klein war und noch wachsen musste, führte ich eine Zwetschken­knödel-Statistik und legte zu diesem Zweck beim Essen die Zwetschken­kerne an den Tellerrand. Marillenkn­ödel-Statistik konnte ich keine führen, da meine Oma an die Stelle des Marillenke­rns immer ein Stück Würfelzuck­er gab.

Solche Selbst-Statistisi­erungen (oder wie man das nennt) sind offensicht­lich weitverbre­itet. Denn mein Mobiltelef­on, das ein durchaus gängiges Modell ist, sagt mir jeden Abend ungefragt und aufs Trippelsch­rittchen genau, wie weit ich heute gegangen bin, und die erstiegene­n Stiegen dazu.

Mein Handy hat auch Äääpps, die mir sagen, wie viele Höhenmeter ich heute überwunden habe (das ist besonders bei Wanderunge­n im burgenländ­ischen Seewinkel wichtig) und wie viele Kilometer ich mit dem Rad gefahren bin.

Ob es auch einmal Rasierappa­rate geben wird, die nach der Rasur die durchschni­ttliche Zahl der durchschni­ttenen Barthaare anzeigen? Oder eine Statistik über die Zahl der Selbst-Statisten in Österreich?

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