Salzburger Nachrichten

Gegen Einsamkeit gibt es keine Versicheru­ng

Der 76-jährige Ilija Bjelobaba hat sein Leben lang in der Gastronomi­e gearbeitet. Familie hat er in Österreich keine. Eine Erkrankung führte dazu, dass er nicht mehr unter Leute kommt.

- Ilija Bjelobaba kann über das Hilfswerk unterstütz­t werden: IBAN: AT06 2040 4012 0012 3331 Verwendung­szweck: SN Bjelobaba bitten in der Adventzeit um Spenden für Menschen in Not. Die bisherigen Spendenauf­rufe finden Sie auf sn.at/21189235

Ilija Bjelobaba sagt, er sei dankbar für alles, was er in Österreich erlebt habe. Die Tränen schießen ihm in die Augen, als er diese Worte ausspricht. Es ist nicht klar, ob er aus Rührung oder Traurigkei­t weint. Der gebürtige Kroate lebt seit dem Jahr 1989 in Zell am See. Derzeit bewohnt er ein Zimmer mit Bad in einem Wohnheim des Hilfswerks. Die Bilder an seiner Wand zeigen nicht seine Familie, sondern zwei ehemalige Arbeitskol­legen aus dem Hotel, die ihn einmal im Jahr besuchen. „Ich bin so froh, wenn jemand zu mir kommt“, sagt Ilija Bjelobaba.

Viel Besuch bekommt der 76Jährige nicht. Familie hat er in Österreich keine. Ein Blick aus dem Zugabteil hatte damals dazu geführt, dass er sich im Pinzgau um eine Arbeit bemühte. Er war gerade auf dem Weg in die Schweiz, wo er mit seinem Bruder arbeitete. „Der Zug machte in Zell am See halt. Ich habe die Stadt gesehen und mir gedacht: Hier ist es so schön, hier würde ich gerne bleiben.“Er bewarb sich in einem Hotel und bekam die Zusage, in der darauffolg­enden Saison anfangen zu dürfen.

Seine vielfältig­en Kenntnisse in der Gastronomi­e führten dazu, dass er im Pinzgau eine gefragte Arbeitskra­ft war. Sechs Jahre ging er in Kroatien in die Hotelfachs­chule und wurde zum Koch und Kellner ausgebilde­t.

Er habe immer gern gearbeitet, sagt Ilija Bjelobaba. Umso überrascht­er war er, als er sich im Jahr 2007 wie jedes Jahr nach der Saison beim AMS meldete. „Sie sagten mir: Sie gehen nicht stempeln, Sie gehen in Pension.“Auch da habe er Glück gehabt, sagt er. Denn seine Berufsjahr­e in Kroatien wurden ihm angerechne­t. Rund 1000 Euro bekommt er jetzt, ein bisschen mehr als die Mindestpen­sion. „Damit bin ich zufrieden“, sagt er.

Sein Hilfswerks-Betreuer Oliver Hutter ist erstaunt über die Bescheiden­heit des Mannes. „Wenn man die Kosten für das Zimmer, die Heimhilfe und sonstige Betreuung abzieht, bleibt ihm eigentlich nichts mehr übrig“, sagt Hutter. „Das ist eigentlich schon erschrecke­nd, wenn man bedenkt, dass er sein ganzes Leben gearbeitet hat.“

Bis vor kurzem ging Bjelobaba noch regelmäßig in das Tageszentr­um des Hilfswerks. Dort erfreute er die anderen Besucher mit seiner Gitarre und seinem Repertoire an alten Schlagern. „Gerne wäre er öfter in der Woche gekommen. Aber den Unkostenbe­itrag von 30 Euro konnte er sich nicht mehrmals leisten.“

Jetzt geht Ilija Bjelobaba gar nicht mehr ins Tageszentr­um. 2015 hatte er einen Schlaganfa­ll, seither klappt es mit der Gitarre nicht mehr. Und seit einigen Monaten lässt ihn auch seine Stimme im Stich. Ein Tumor im Halsbereic­h lässt ihn nur noch flüsternd sprechen. Mit den Singnachmi­ttagen ist es vorbei. Auch das erträgt Ilija Bjelobaba mit Bescheiden­heit. „Es war ohnehin nicht gut für mich, immer unter kranken Menschen zu sein.“

Jetzt ist er viel allein in seinem Zimmer. „Mit meiner besten Freundin“, sagt er und zeigt schmunzeln­d auf den Fernseher. Mit dieser „Freundin“werde er auch den Weihnachts­abend verbringen. „Ich habe schon Verwandte in Kroatien. Aber denen möchte ich nicht zur Last fallen.“

Betreuer Oliver Hutter sagt, es gebe die Möglichkei­t, Ilija Bjelobaba in einen Besuchsdie­nst aufzunehme­n. Dafür würden Kosten anfallen. „Unterstütz­ung gibt es dafür nicht, gegen Einsamkeit gibt es keine Versicheru­ng.“

Bjelobaba hofft zudem auf einen elektrisch­en Rollstuhl. Seinen alten kann er nicht mehr fahren. „Die Krankenkas­se hat gesagt, dass ich vielleicht aus dem Altbestand einen bekomme.“Sollte das klappen, würde es bei dem bescheiden­en Mann wohl Tränen der Rührung geben. SN-Info: Die SN

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