Die Sehnsucht nach dem Meer
Mein Pongauer Großvater war ein begnadeter Sänger und hat dieses Talent an seinen Sohn weitergegeben. Am 24. Dezember jedoch war das Singen Familiensache, also wurde mit Blick auf die kleinen Flämmchen, die den Tannenbaum in mildem Licht schimmern ließen, lang, ausgiebig und vor allem mehrstimmig gesungen. Vom Klassiker „Stille Nacht“bis zu alpinen Evergreens wie „Gott griaß enk Leitl’n“. Momente, in denen auch ohne wissenschaftliche Erkenntnisse klar wird, dass gemeinsames Singen nicht nur die Klänge synchronisiert.
Danach übergaben wir die Musik an die Konserve. Auf dem Plattenteller drehte sich zu Heilig Abend stets dieselbe Scheibe: „Weihnachten auf hoher See“von Freddy Quinn. Vielleicht wegen der latenten Sehnsucht meines Vaters nach der großen, weiten Welt als Gegensatz zur alpinen Heimat. Die sonore Stimme des Wahlhamburgers und „Matrosen“Quinn erinnert mich seither an Weihnachten, und wenn ich das Piepsen der Funker höre, rieche ich den Tannenduft.