Europa startet in der Umweltpolitik durch
In den letzten Tagen der EU-Präsidentschaft kann Verhandlungsführerin Elisabeth Köstinger das Verbot für Einwegplastik vermelden und ein Auslaufen der Kohlesubventionen.
Österreichs Umweltministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) legte diese Woche noch einen Verhandlungsmarathon in Brüssel hin. Am Dienstag gelang die Einigung auf schärfere CO2-Grenzwerte für Pkw-Neuwagen ab 2030. Am Mittwoch verbuchte man in gleich zwei weiteren Bereichen Erfolge in der EU-Umweltpolitik. Ab dem Frühjahr 2021 werden Plastikgeschirr und -besteck, -wattestäbchen und -strohhalme vom Markt verschwinden. Für PET-Flaschen gelten hohe Recyclingquoten. „Ich glaube, es ist uns hier wirklich etwas Einzigartiges gelungen, wir sind weltweit Vorreiter“, betonte Köstinger. Weiters laufen die Subventionen für Stromerzeugung aus Kohle ab 2025 aus. Emissionen aus Kohlekraftwerken sind einer der größten Anheizer der Erderwärmung. Sie waren auch großes Thema während der jüngsten UNO-Klimakonferenz in Kattowitz. Auf beide Punkte – Verbot von Wegwerfplastik und das schrittweise Aus für Kohlesubventionen – haben sich Verhandler der EU-Staaten, des EU-Parlaments und der EUKommission in der Nacht auf Mittwoch geeinigt. Bereits zuvor war eine Einigung auf eine deutliche Senkung der Emissionen von Fahrzeugen erzielt worden. Vor den EUWahlen im Frühjahr war das Interesse aller Beteiligten groß, in wichtigen Bereichen noch rechtzeitig Einigungen zu erzielen.
BRÜSSEL. Es war die letzte Erfolgsmeldung dieser Ratspräsidentschaft, wenigstens was die Klimapolitik betrifft. Die Verhandler von EU-Kommission, Parlament und EU-Ratsvorsitz in Person von Umweltministerin Elisabeth Köstinger sind nach einer langen Nacht der Verhandlungen einig geworden:
Subventionen für den extrem klimaschädlichen Strom aus Kohlekraftwerken laufen aus.
Vor der entscheidenden Sitzung hatten Deutschland, Frankreich, Italien, Dänemark, Finnland, Lettland, Luxemburg, die Niederlande, Portugal, Spanien und Schweden in Briefen an Kommission und Ratsvorsitz an die Vorreiterrolle der EU beim Klimaschutz erinnert, die bei der Klimakonferenz in Kattowitz bestätigt worden sei. Deutschland kämpft gerade mit seinem völligen Ausstieg aus dem Kohlestrom, für den eine eigene Regierungskommission Szenarien erarbeitet. Was die EU-weiten Förderungen betrifft, so wurde wie üblich ein Kompromiss erzielt. Ab 2025 dürfen Subventionen nur noch an Kraftwerke bezahlt werden, die weniger als 550 Gramm CO2 pro Kilowattstunde verursachen. Damit sind Kohlekraftwerke ab diesem Datum ausgeschlossen. Sprecher der NGOs Global 2000 und Greenpeace übten allerdings Kritik an Schlupflöchern.
Denn die Regelung gelte nicht für bestehende Förderverträge, betonte Adam Pawloff von Greenpeace. So würden etwa 14 Milliarden Euro für Kohlekraftwerke in Polen noch bis 2035 laufen. Johannes Wahlmüller von Global 2000 fügte hinzu, dass Verträge über Stromlieferungen mit neuen Kohlekraftwerken noch bis 2019 geschlossen werden könnten. In Polen seien erst vor einem Monat derartige Verträge mit einer Laufzeit über die nächsten 15 Jahre unter Dach und Fach gekommen. Aus dem Büro Köstingers hieß es dazu, das gelte nur für Kohlestrom-Verträge, über die bereits verhandelt werde. Polen beansprucht in der EU eine Sonderrolle. Kein Land ist so abhängig von Kohlestrom. Ein Ausstieg wird zwar mittlerweile nicht mehr ausgeschlossen, allerdings fordert Warschau längere Übergangszeiten, was offenbar durchgegangen ist.
Trotzdem: Das „Ende der Subventionen für Kohlekraft in Europa ist eingeleitet“, meinte Ministerin Köstinger und hat damit recht – auch wenn es aus Sicht des Klimaschutzes schneller gehen müsste. Das gilt auch für die zuvor erzielte Einigung über die neuen Grenzwerte von CO2 bei Fahrzeugen: minus 37,5 Prozent ab 2021 auf Basis der Emissionen von 2020 ist ein schöner Erfolg.
Um die von der Klimaforschung geforderte Umstellung auf ein völlig carbonfreies Wirtschaftssystem ab 2050 zu erreichen, ist die Vorgabe jedoch zu wenig ambitioniert.
Köstinger hat als EU-Ratsvorsitzende mit Einigungen zu Fahrzeugemissionen, Kohlestrom und mehr Verbraucherrechten am Strommarkt (etwa leichterer Wechsel der Anbieter) das seit zwei Jahren verhandelte Clean Energy Package zu Ende gebracht. Das gilt als großer Erfolg im Interesse aller Beteiligten: Nach den EU-Wahlen im Mai hätte man mit neuer Kommission und neuen Parlamentsvertretern wieder von vorn beginnen müssen.
Für Polen gibt es ein Schlupfloch