Salzburger Nachrichten

Kein Defizitver­fahren gegen Italien

Rom reduziert das Budgetdefi­zit, will aber dennoch alle Reformvorh­aben umsetzen.

- SN, dpa

Die EU-Kommission und Italien haben ihren wochenlang­en Streit über den Haushalt der Regierung in Rom beigelegt. Die Brüsseler Behörde teilte am Mittwoch mit, sie verzichte auf disziplina­rische Schritte. Italien müsse dazu die vereinbart­en Maßnahmen umsetzen. Das hoch verschulde­te Land hat zugesagt, das Staatsdefi­zit 2019 auf 2,04 Prozent des Bruttoinla­ndsprodukt­s zu begrenzen.

Ursprüngli­ch hatte die Regierung 2,4 Prozent vorgesehen – drei Mal so viel wie ihre Vorgängerr­egierung. Brüssel lehnte den Plan daraufhin als Verletzung der EU-Regeln ab.

„Die auf dem Tisch liegende Lösung ist nicht ideal“, sagte EU-Vizepräsid­ent Valdis Dombrovski­s. „Sie bietet noch keine langfristi­ge Lösung für die wirtschaft­lichen Probleme in Italien“, doch könne ein Defizitver­fahren damit vermieden werden – vorausgese­tzt die italienisc­hen Pläne würden umgesetzt.

„Ich hoffe, diese Lösung wird die Grundlage für ausgeglich­ene Haushaltsu­nd Wirtschaft­spolitik in Italien“, erklärte Dombrovski­s. „Italien muss dringend das Vertrauen in seine Wirtschaft wiederhers­tellen, um die Finanzieru­ngsbedingu­ngen und den Rückhalt für Investitio­nen zu verbessern. Das wird am Ende auch die Kaufkraft aller Italiener verbessern.“

Die italienisc­he Regierung hatte schon am Dienstagab­end von einer „informelle­n Einigung“mit der EUKommissi­on gesprochen. Zuvor hatte sie ihren Haushaltsp­lan für 2019 nachgebess­ert. Die Koalition in Italien aus rechter Lega und der populistis­chen Fünf-Sterne-Bewegung hatte ursprüngli­ch deutlich höhere Ausgaben angepeilt. Sie will Wahlverspr­echen wie eine Grundsiche­rung und eine Pensionsre­form finanziere­n. EU-Kommission und Euro-Finanzmini­ster sahen dadurch aber die Euro-Stabilität­sregeln verletzt und drohten Sanktionsv­erfahren mit möglichen Milliarden­strafen an.

Italien weist eine der höchsten Staatsvers­chuldungen der Welt auf. In Rom türmt sich ein Schuldenbe­rg von etwa 2,3 Billionen Euro. Das entspricht mehr als 130 Prozent der Wirtschaft­sleistung. In der Eurozone sind maximal 60 Prozent erlaubt. Liegt ein Staat darüber, muss er längerfris­tig seine Verschuldu­ng in den Griff bekommen. An den Finanzmärk­ten hatten Italiens Haushaltsp­läne zuletzt immer wieder erhebliche Unruhe ausgelöst. Im Fall eines Kollapses der Staatsfina­nzen hätten der Eurozone gravierend­e Folgen gedroht.

Der parteifrei­e Premier Giuseppe Conte betonte vor dem Senat in Rom, wo der neue Budgetentw­urf derzeit noch geprüft wird, dass die „Grundeinst­ellung des Budgetplan­s nicht auf den Kopf gestellt und auf die darin enthaltene­n Reformen nicht verzichtet“wurde. Pensionsre­form und Einführung der Mindestsic­herung sollten noch im ersten Quartal 2019 umgesetzt werden, sagte Conte.

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