Zwei Titanen verharren im Patt
Wer bewegt sich als Erster: Christian Thielemann oder Nikolaus Bachler?
Kurz und sachlich waren die Treffen von Aufsichtsrat und Generalsversammlung der Osterfestspiele Salzburg. Beteiligte wie Beobachter beschreiben sie als Routinesitzung: Protokolle wurden abgesegnet, der Finanzabschluss für 2018 wurde genehmigt, der Geschäftsführung und dem Aufsichtsrat wurde einstimmig die Entlastung erteilt, das Budget für 2019 wurde gutgeheißen. Aber die „causa prima“blieb ausgespart: Werden der Dirigent Christian Thielemann und der künftige Intendant Nikolaus Bachler je zueinanderfinden? Wenn nein, wer plant wie weiter? Mit welchem Orchester? Kommt es irgendwann zu einem Knall? Derzeit ist offenbar das Patt der zwei Großen der Opernwelt festgefahren.
Schweigen um diesen heißen Brei herrschte nicht nur in den Sitzungen am Dienstag. Auch die für Dezember in Aussicht gestellte Pressekonferenz Nikolaus Bachlers über dessen Pläne für die Osterfestspiele Salzburg ist von Schweigen abgelöst worden. Und das Schweigen Christian Thielemanns lässt sich so interpretieren, dass er bei seiner mehrmaligen Feststellung bleibt: keine Zusammenarbeit mit Bachler!
Fix ist seit Anfang November: Nikolaus Bachler wird nach seinem Mitte 2021 endenden Vertrag an der Bayerischen Staatsoper Intendant der Salzburger Osterfestspiele – also ab 2022. Im Jahr davor übernimmt er hier bloß die wegen des Abschieds des jetzigen Intendanten Peter Ruzicka frei werdende kaufmännische Verantwortung.
Weiters gibt es gültige Verträge bis 2021 mit der Staatskapelle Dresden und mit Christian Thielemann als deren Chef und als künstlerischer Leiter der Osterfestspiele Salzburg. Als dieser hat er das Programm einvernehmlich mit dem jeweiligen Intendanten – nun Ruzicka, künftig Bachler – zu gestalten.
Theoretisch könnte Thielemann, der demnächst das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker dirigiert, seinen Salzburger Vertrag über 2021 hinaus verlängern. Dass er dem nicht abgeneigt wäre, lässt sich aus jenen Gerüchten folgern, die von einem „Lohengrin“für 2022 munkeln. Aber: Er hat schriftlich wie mündlich dargelegt, eine Zusammenarbeit mit Nikolaus Bachler auszuschließen. Also könnte er auch seinen Vertrag bis 2021 erfüllen; bis dahin ist das künstlerische Programm so gut wie fertig. Auch in diesem glimpflichen Szenario von elf Jahren Thielemann in Salzburg bleibt fraglich: Welcher Dirigent käme danach? Und gar: Welches Orchester? Der Vertrag der Staatskapelle Dresden ist ja mit jenem ihres Chefdirigenten Thielemann junktimiert. Kämen die Dresdner 2022 trotzdem? Hat Bachler eine komplett andere Variante in petto? Oder gelingt ein in der Musikgeschichte bisher unbekanntes Wunder: Dass sich zwei Titanen wie Thielemann und Bachler einig werden?