Eigene Regeln für Türken sind nicht machbar
Die Idee der FPÖ, die Einbürgerung von Türken auszusetzen, ist gleichheitswidrig.
Geht nicht. So lautet der kurze, bündige Kommentar des Verfassungsrechtlers Heinz Mayer zur Idee der FPÖ, Türken bei der Zuerkennung von Staatsbürgerschaften anders zu behandeln als andere Ausländer. Das widerspreche dem in der Verfassung garantierten Gleichheitsgrundsatz. Hintergrund für die Forderung der Blauen, die Einbürgerung von Türken auszusetzen, ist die aktuelle Debatte über illegale österreichisch-türkische Doppelstaatsbürgerschaften.
Das Problem mit der Verfassung war wohl der Grund, warum sich Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am Mittwoch zur Forderung des Koalitionspartners nicht äußern wollte. Nur so viel sagte er: Der Innenminister prüfe nach der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs nun das weitere Vorgehen. Dieser hatte diese Woche eine Liste, die als Auszug aus der Wählerevidenz der Türkei gilt, nicht als Beweismittel für die Aberkennung von Staatsbürgerschaften akzeptiert. Kurz betonte, das Erkenntnis habe auf die Beweisbarkeit abgezielt; das bedeute nicht, dass es nicht weiter möglich, ja vorgeschrieben sei, die österreichische Staatsbürgerschaft abzuerkennen, wenn eine illegale Doppelstaatsbürgerschaft vorliege.
Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) hielt mit seiner Meinung nicht hinter dem Berg: Es sei „widersinnig“, Türken die österreichische Staatsbürgerschaft zu verleihen, solange wegen der Kooperationsunwilligkeit der türkischen Behörden nicht ausgeschlossen werden könne, dass die eben Eingebürgerten von der Türkei sofort wieder auch zu türkischen Staatsbürgern gemacht würden. Die Forderung, die Staatsbürgerschaftsverleihungen an Türken auszusetzen, ist übrigens nicht neu. Erstmals gestellt wurde sie im Sommer 2016 von Norbert Hofer, damals FPÖ-Kandidat für die Hofburg.
Die Stadt Wien kündigte am Mittwoch an, 18 Personen, denen die Staatsbürgerschaft aberkannt wurde, wieder einzubürgern. In 16 Fällen bleibe es bei der Aberkennung, denn da habe sich gezeigt, dass die türkische Staatsbürgerschaft nachträglich und verbotenerweise wieder angenommen wurde.
Bei den Einbürgerungen sind die Türken seit vielen Jahren unter den Top 3. Heuer lagen sie in den ersten drei Quartalen auf Platz 2: 779 Personen mit türkischen Wurzeln wurden zu Österreichern. Auf Platz 1 liegen seit einigen Jahren die Staatsbürgerschaftsverleihungen an Bürger von Bosnien-Herzegowina – eine der Spätfolgen der Balkankriege. Auf Platz 3 folgen derzeit Kosovaren, dicht dahinter Serben. Vor zehn Jahren waren Serben noch Nummer 1 bei den Einbürgerungen.
2006 war das Staatsbürgerschaftsrecht verschärft worden, ein gewaltiger Rückgang bei den Verleihungen folgte: Waren es 2005 noch mehr als 35.000 gewesen, rasselte die Zahl bis 2010 auf nur noch 6200 Einbürgerungen. Seither geht es wieder kontinuierlich bergauf, wiewohl seit einigen Jahren ein Staatsbürgerschaftstest gemacht werden muss. 2017 wurden 9271 Personen eingebürgert. Auch heuer ist die Tendenz steigend.