Shoppen wir bald nur noch mit der Computerbrille?
Ein Salzburger Forschungsprojekt will ausloten, wie Virtual Reality im Onlinehandel eingesetzt werden kann. Amazon lässt bereits mit 3D-Brillen shoppen. Und auch KMU könnten profitieren.
SALZBURG. Der alljährliche Weihnachtseinkauf: Der Shopper testet Küchengeräte, spielt mit einem Handy, dreht schicke Wohnzimmersessel um die eigene Achse. All das kann er, obwohl er gar nicht außer Haus gegangen ist. Vielmehr sitzt er auf seiner Couch mit einer etwas klobigen Brille auf der Nase.
So stellen sich technologieaffine Wissenschafter das Einkaufen der Zukunft vor. Die FH Salzburg führt aktuell eine vom Land Salzburg finanzierte interdisziplinäre Studie durch, die erheben soll, wie Virtual Reality (VR) im Onlinehandel eingesetzt werden kann. Bei VR werden dem Nutzer über spezielle Brillen dreidimensionale 360-Grad-Bilder gezeigt. Wenn der Nutzer den Kopf dreht, dreht sich seine virtuelle Welt mit. Und mithilfe passender Controller kann der User Dinge angreifen, drehen, bedienen.
Ebendiese Möglichkeiten wollen Arno Kinzinger & Co. ausloten. Kinzinger ist Marktforscher an der FH Salzburg und Projektmitarbeiter bei der VR-Studie unter der Leitung von Christine Vallaster. „Wir wollen feststellen, welche Möglichkeiten ein VR-Shop bieten muss, damit er Zusatznutzen bringen kann.“Aber gibt es diesen Zusatznutzen wirklich? Kinzinger glaubt schon. Be- stimmte Gegenstände wolle man einfach berühren, testen – wenn auch nur virtuell. Besonders spannend werde es, wenn der Ton des Geräts mittransportiert wird, also etwa, wie laut ein Mixer ist. So könne die Rücksendequote von Produkten gesenkt werden. Dennoch sei die Technologie nicht für jeden Einkauf geeignet. „Ich glaube, keiner muss sich sein Fast Food dreidimensional anschauen. Aber bei hochwertigen Produkten, vor allem technischen, macht es durchaus Sinn.“
VR-Shops sind keine reine Zukunftsvision. Der chinesische Shopping-Riese Alibaba hat sein Virtual-Reality-Einkaufserlebnis bereits 2016 gestartet: Die dazugehörige App Buy+ wurde in der ersten Woche acht Millionen Mal heruntergeladen. Auch die US-Supermarktkette Walmart kaufte ein VRStart-up auf. Und erst vor einigen Monaten lancierte Amazon temporär zehn sogenannte Erlebniszonen in Indien. An den Kiosken konnten Nutzer in virtuellen Welten shoppen – und dabei sogar Kleidung und Accessoires anprobieren. Dank eines 360-Grad-Hologramms der eigenen Person. Im deutschsprachigen Raum hat Amazon indes vor Kurzem AR View gestartet. Dabei können Nutzer Möbel und Ähnliches virtuell in die eigene Wohnung stellen – und so ausloten, ob sie passen. Ob solchen Szenarien die Zu- kunft gehört, bezweifelt Kinzinger: „Ich weiß nicht, ob der Kaufanreiz höher ist, wenn man den Sessel vorab im unaufgeräumten Wohnzimmer platziert.“
Und wie ist es um VR-Shopping allgemein bestellt? Es werde wohl noch eine Zeit dauern, bis es „wirklich massentauglich“ist, sagt Kinzinger. Es könne aber auch schneller gehen – davon abhängig, wie teuer, praktikabel und benutzerfreundlich die VRBrillen künftig sein werden. Den Trend befeuern könnten die Studienergebnisse der FH, die „im ersten Halbjahr 2019“final vorliegen sollen. In Präsentationen solle schließlich auch an kleine und mittlere Betriebe Expertise weitergegeben werden. Und das könnte den KMU neue Möglichkeiten vor Augen führen: „Durch VR-Shopping wären die Firmen nicht mehr zwingend darauf angewiesen, dass ihre Produkte im Einzelhandel unterkommen. Das wäre sicher ein Wurf.“
„Für einige Produkte ist es sinnvoll.“Arno Kinzinger, FH Salzburg