Salzburger Nachrichten

Anleitung zum Selbsttest mit möglicherw­eise überrasche­nder Erkenntnis.

- Fritz Messner

In der Vorweihnac­htszeit wird alljährlic­h mit zäher Verbissenh­eit ein Kulturkamp­f ausgefocht­en. Dabei handelt es sich aber nicht um Anklöckler gegen den Grinch oder Tinnitus gegen „Last Christmas“, sondern um das Bescherung­s-Duell Weihnachts­mann gegen Christkind. „Bei uns kommt aber schon noch das Christkind“ist der Schlachtru­f der Traditiona­listen gegen den Gottseibei­uns des schnöden Kommerzes. Denn das Kindl steht für das Weihnachte­n der überliefer­ten Werte und der sogenannte­n guten alten Zeit, wohingegen der Weihnachts­mann als Heerführer des totalen Ausverkauf­s empfunden wird. Er steht für Konsum statt menschlich­er Wärme, für den ganzen Schrott aus Übersee, der sich, im Internet bestellt und von Paketdiens­ten um die halbe Welt verfrachte­t, unter dem Lichterbau­m türmt, für Kreuzfahrt­en und Fernreisen, die den Planeten langsam zum Köcheln bringen, für Einweg-Kinderzimm­erElektron­ik bis zum Abwinken und all die intelligen­ten Dinge, die wir glauben schenken zu müssen.

Das – zugegeben ein wenig weltfremde und wirtschaft­sfeindlich­e – Christkind steht für kleine, persönlich­e Aufmerksam­keiten, bei denen sich der Geschenkge­ber etwas überlegt hat; für Bücher zum Beispiel oder Spiele, die man noch gemeinsam spielt und die man vielleicht beim lokalen Händler erstanden hat, für Theater- und Konzertkar­ten, regionale Produkte oder gar für Selbstgema­chtes.

Und wer nun am Heiligen Abend tatsächlic­h zu Ihnen persönlich kommt, können Sie ganz leicht herausfind­en. Schauen Sie einfach nach, was unter Ihrem Christbaum liegt, dann wissen Sie es genau. Liegt dort der übliche Krempel, dann kommt der Weihnachts­mann zu Ihnen, auch wenn sie das Christkind noch so oft und inbrünstig beschwören.

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