Der Merz-Schmerz
Die CDU sucht eine neue Rolle für Friedrich Merz. Der ist bereit, Minister zu werden. Angela Merkel hat aber keine Ambitionen, ihren alten Rivalen ins Kabinett zu holen.
„Jemand wie Friedrich Merz tut der Partei gut.“Carsten Linnemann, Chef der CDU-Mittelstandsvereinigung, ist nur einer von vielen, die sich eine tragende Rolle für den ehemaligen Fraktionschef in der Partei und in der Republik wünschen. Dessen Anhänger können sich nur schwer mit der knappen Niederlage abfinden, die Merz gegen Annegret Kramp-Karrenbauer am 7. Dezember bei der Wahl für den CDU-Vorsitz erlitten hatte. Erstaunlicherweise kommt die Unterstützung vor allem aus Baden-Württemberg und weit weniger stark aus Merz’ Heimatland Nordrhein-Westfalen. Allen voran Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble hatte sich für seinen Freund Merz starkgemacht und hat nun einmal mehr gegen Merkel das Nachsehen.
Die Merz-Fans wollen ihren Friedrich, der auf dem Parteitag sein Desinteresse an einem untergeordneten Parteiamt bekundete, mit einem Kabinettsposten belohnen; sie würden ihn gern als Wirtschaftsminister sehen.
Dieses Ressort aber hat schon Peter Altmaier inne. Der Saarländer gilt als loyal gegenüber der ebenfalls von dort kommenden neuen CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer.
In einem Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“hat Merz nun doch sein Interesse an einem Ministerposten erklärt: „Ein solches Amt würde ich mir aufgrund meiner Erfahrung in Wirtschaft und Politik zutrauen“, sagte er. Zugleich stellte er aber fest: „Dies liegt aber nicht in meiner Hand, sondern das ist Sache der Kanzlerin.“Erneut betonte er, bei einem entsprechenden Angebot seine berufliche Tätigkeit etwa bei dem Finanzinvestor Blackrock aufzugeben. Angela Merkel hat Merz’ Ambitionen umgehend eine Absage erteilt. „Die Bundeskanzlerin plant keine Kabinettsumbildung“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Mittwoch. Auch Merz stand bisher nicht im Verdacht, einen Job unter Merkel anstreben zu wollen. Zudem hatte er vor Kurzem noch erklärt, er wolle in der Wirtschaft bleiben.
In einem Gespräch mit der neuen CDU-Chefin Kramp-Karrenbauer habe er sein „Angebot noch einmal erneuert, wirklich mit ganzer Kraft in die Politik zu gehen und dafür auch meine bisherige berufliche Tätigkeit aufzugeben“, sagte Merz.
Für Kramp-Karrenbauer geht es nun in den nächsten Wochen in erster Linie darum, die nach wie vor drohende Spaltung der Partei zu verhindern. Für eine Rückkehr zur Geschlossenheit spricht zum einen die Grundeinstellung der CDU, der es immer in erster Linie darum geht, den Kanzler zu stellen. Zweitens geht es in den Umfragen leicht nach oben. Zwar hat die CDU noch nicht die 40 Prozent erreicht, die sich sowohl Kramp-Karrenbauer als auch Merz zum Ziel gesetzt hatten. Aber ist die 30er-Marke geschafft.
Vor allen Dingen aber ist der befürchtete Exodus enttäuschter Parteimitglieder ausgeblieben. Und die noch auf dem Parteitag geäußerten Verschwörungstheorien verstummen zusehends. Merz selbst kann etwa dem Vorwurf, während seiner Rede sei das Mikrofon leiser gedreht worden, nichts abgewinnen: „Der Wettbewerb um den CDU-Vorsitz war fair“, sagte er.
Nach hinten losgegangen ist allerdings Kramp-Karrenbauers Versuch, mit der Berufung des 33-jährigen Paul Ziemiak zu ihrem Generalsekretär die MerzAnhänger zu versöhnen. Die einen sehen in ihm einen Verräter, weil er das Merz-Lager verlassen hat und zu Kramp-Karrenbauer gewechselt ist. Andere bezeichnen ihn als konturlosen Karrieristen, der vor allem durch Hinterzimmerdiplomatie nach oben gekommen sei. Annegret KrampKarrenbauer muss im kommenden Jahr beweisen, dass sie die richtige Wahl war. Der erste Lackmustest ist die Europawahl Ende Mai. Dort darf die CDU nicht unter die 30 Prozent von 2014 fallen.
Die eigentliche Bewährungsprobe aber findet erst im Herbst statt, wenn in drei ostdeutschen Bundesländern gewählt wird. Bei der ostdeutschen CDU ist Merz gut angekommen, dort hofft man auch auf seine Unterstützung im Wahlkampf. Das kann Kramp-Karrenbauer nur nützen. Denn klappt es nicht, hat Merz zumindest seinen Anteil daran.