„Juliet, Naked“: Wem gehört die Musik?
Was wäre, wenn? Kino erlaubt, jene befriedigenden Fantasien durchzuspielen, die sonst vielleicht etwas peinlich wären – etwa die Vorstellung, einem Superstar gegenüberzustehen und von ihm im Innersten erkannt zu werden. Das passiert beispielsweise in „A Star Is Born“mit Lady Gaga und Bradley Cooper. Aber was, wenn es sich dabei um jenen Superstar handelt, dem der eigene nervige Partner seit Jahrzehnten in albernem Pseudoexpertentum huldigt? Das ist die Geschichte von „Juliet, Naked“, der Verfilmung von Nick Hornbys Roman. Rose Byrne spielt da die Britin Annie. Ihr Freund Duncan ist der allergrößte Fan eines einstigen Rockstars namens Tucker Crowe (Ethan Hawke). Seit zehn Jahren hat der allerdings musikalisch nichts mehr von sich hören lassen. Aber Duncan verehrt ihn weiter, analysiert Bootlegs und Gerüchte in seinem Tucker-CroweBlog, während Annie die Augen verdreht. Dann bekommt Duncan exklusiv das neue Album von Crowe, „Juliet, Naked“, lauter rohe Versionen des Erfolgsalbums „Juliet“. Duncan ist hingerissen, doch Annie kommentiert anonym in seinem Fan-Forum, das Ganze sei ziemlich dünn. Darauf antwortet ihr der echte Crowe, sie sei die Einzige, die ihn durchschaut habe. Ein Mail-Dialog entspinnt sich. Und führt natürlich zum einzig denkbaren Ergebnis – mit vorhersehbaren Hindernissen.
Der Film ist eine romantische Komödie, die entspannt damit umgeht, eine durchschaubare, etwas kleinliche, aber sympathische Rachefantasie zu sein.Eine Frage stellt der Film aber vehement: Wem gehört Musik? Haben Künstler noch Interpretationshoheit über das Werk oder liegt diese Macht beim Publikum? Hat Duncan recht, wenn er „Juliet, Naked“als ultimative, konzentrierte Musik ansieht? Aber bei aller Sympathie für Fans: In Wahrheit ist das nebensächlich. Hauptsache, Tucker küsst gut. Film:
„Juliet, Naked“. Romanze, USA/GB 2018. Regie: Jesse Peretz. Mit Rose Byrne, Ethan Hawke. Start: 21.12.