Beim Singen wächst eine Verbindung
Viele Leserstimmen ergeben einen weihnachtlichen Chor: Bei „Kommt, singt mit!“gab es Lieder zu entdecken – und Bratapfelsorten.
Was braucht es, um sich auf Weihnachten einzustimmen? Lieder sind unverzichtbar. Auch der Duft von Bratäpfeln ist förderlich. Und ein Sternderl kann nicht schaden. Ein solches hatte Roswitha Meikl am Mittwochabend gleich beim ersten Lied zu vergeben. „Sehr gut! Das gibt einen Einser mit Stern“, lobte die Singexpertin rund 200 gelehrige Gäste im SN-Saal, die an dem Abend nicht als Besucher, sondern als Mitwirkende gekommen waren. Zum dritten Mal baten Volksliedwerk und „Salzburger Nachrichten“unter dem Moto „Kommt, singt mit!“zum vorweihnachtlichen Liedersingen.
Bei der Liedauswahl ging es auch heuer darum, seltener zu hörende Schätze gemeinsam wiederzuentdecken. Das harmonische Fundament legte Rosmarie Armstorfer auf der „Diatonischen“. Als Sängerin komplettierte Meikl den Rauchenbichler Dreigesang (Elisabeth Radauer und Michaela Putz). Weder an der Intonation noch an der Motivation der Mitsingenden hatten die Liedlehrerinnen etwas zu bemängeln: Schon bei der Vorstellung des ersten Lieds im Trio („Am Weihnachtsvorabend“) stimmten viele Besucher leise ein – mit der zum Anlass erschienenen Sonderbeilage in der Hand. „Das ist nicht nur eine Zeitung zum Lesen, sondern auch eine zum Singen“, kommentierte Moderatorin und SN-Kulturchefin Hedwig Kainberger. Was fehlte da also nur noch? Ach ja: die Bratäpfel!
„Toan ma Äpfi bratn lassn, riacht er fein für unsa Nasn“, heißt es im Lied „Schniwi, schnawi, schneibn“. Und tatsächlich konnte man nach dem Singen den Apfelduft intensiv schnuppern. Das hatte freilich auch außermusikalische Gründe: Obsthändlerin Nina Allerberger hatte drei bratapfeltaugliche Sorten zur Verkostung mitgebracht, die während des Singens von freiwilligen Helfern (u. a. Kulturlandesrat Heinrich Schellhorn) geschnitten und dann gleichsam als Nachschlag zur dritten Strophe verteilt wurden.
Um das Anglöckeln, das seit 2011 als Immaterielles Kulturerbe anerkannt ist, ging es nach dem Auftritt der Kuchler Anglöcklergruppe mit dem Tischler Rupert Reindl als Josef. Beim jährlichen Ziehen von Haus zu Haus entstehe eine tiefe Verbindung zwischen allen daran Beteiligten, sagte UNESCO-Referentin Maria Walcher, „das ist etwas Wesentliches in dieser Tradition.“
Dasselbe gilt auch beim Singen. Im heurigen „Stille Nacht“Jahr kommen zwar andere Lieder vielleicht oft zu kurz: Aber das könnte sich 2019 ändern, wenn ein neues 200-Jahr-Jubiläum ansteht: 1819 sei das Lied „Lippei, sollst gschwind aufstehn!“erstmals schriftlich nachweisbar, berichtete Wolfgang Dreier-Andres vom Volksliedwerk. Zum Schluss stellte Walcher eine erst 1976 entdeckte, bis heute wenig bekannte „Stille Nacht!“-Variante vor. Auch sie brauchte nicht viele Anläufe, um im Ohr zu bleiben. „Volkslieder sind nicht museal“, sagte Roswitha Meikl als Fazit des Abends, „sie gehören einfach gesungen.“
„Volkslieder sind nicht museal, sie gehören gesungen.“