Das Risiko auf dem Berg wird unterschätzt
Früher blieb man bei extremem Schneefall hinter dem Ofen sitzen. Vielleicht sollte man sich daran ein Beispiel nehmen.
In Teilen Österreichs herrscht wegen der starken Schneefälle der vergangenen Tage der Ausnahmezustand. Skiorte sind von der Außenwelt abgeschnitten, weil die Zufahrtsstraßen wegen der großen Lawinengefahr gesperrt werden mussten. Auch Bahnstrecken wurden stillgelegt. In Salzburg raten Experten Hausbesitzern bereits, den Schnee von ihren Dächern zu schaufeln, weil es sonst Probleme mit der Statik ihrer Häuser geben könnte. Immer wenn sich die Natur von ihrer unwirtlichen Seite zeigt, zeigt sich aber auch, dass sich die Menschen in Österreich aufeinander verlassen können. Die Feuerwehren sind im Dauereinsatz, ebenso das Rote Kreuz und die Bergrettung. Alles Freiwillige, die ihre Freizeit dafür opfern, um anderen zu helfen. Und dabei auch oft selbst in Gefahr geraten, denn auch jetzt noch sind viele Sportler im freien Skiraum unterwegs. Dabei sind die Warnungen nicht mehr zu überhören.
Irgendwie scheint es, dass immer mehr Menschen das Gespür für die Gefahren der Natur verloren haben. Schneemassen werden vielfach nur noch als Kulisse für den kommenden Freeride-Event im Tiefschnee wahrgenommen. Die richtige Ausrüstung lässt Sturm und Nebel als vernachlässigbares Ärgernis erscheinen. Der Rat von erfahrenen Alpinisten und Lawinenexperten zählt nichts mehr, davon zeugen die Ski- und Snowboardspuren, die gleich neben den eingeschalteten Lawinenwarnleuchten und Lawinenwarntafeln in den ungesicherten Skiraum führen. Und wenn man dann noch ein Handy eingeschoben hat, mit dem jederzeit Hilfe gerufen werden kann, scheinen viele der Meinung zu sein, dass sowieso nichts passieren kann.
Die Tourismuswirtschaft ist an dieser Mentalität nicht ganz unschuldig. In vielen Werbefilmen für den Skiurlaub sind nicht die vollen Skipisten zu sehen, sondern meist ein paar Skifahrer, die abseits davon, in unberührten Tiefschneehängen, bei schönstem Sonnenschein ihre Schwünge ziehen. Dass manche Skifahrer dieses Erlebnis dann auch haben wollen, braucht niemanden zu wundern.
Die Berge sind zum Geschäft geworden. Was dabei gern übersehen wird, ist, dass die Natur unberechenbar bleibt. Um zu erkennen, wie klein dagegen der Mensch immer noch ist, braucht es nicht einmal eine gewaltige Lawine. Da reicht ein Sturz in frischen Tiefschnee. Bereits in dieser grundlosen weißen Pracht aufzustehen kann zu einer Herkulesaufgabe werden. Ab und zu daran einen Gedanken zu verschwenden wäre vielleicht kein Fehler.