Kleinverdienern hilft nur Beitragssenkung
Die Regierung will die unteren und mittleren Einkommen entlasten. Das unterste Einkommensviertel zahlt jetzt schon keine Lohnsteuer.
WIEN. Wortkarg gibt sich die Regierung vor ihrer Klausur in Mauerbach. Erst dort will sie ihre Pläne zur Steuerreform verkünden. Nur so viel wird betont: Ziel sei die Entlastung unterer und mittlerer Einkommen. Für sie ist jetzt schon keine oder nur wenig Lohnsteuer zu bezahlen. Will man die Wenigverdiener entlasten, gibt es nur zwei Möglichkeiten: niedrigere Sozialversicherungsbeiträge oder eine Negativsteuer. Da Letztgenannte unter Türkis-Blau wohl auszuschließen ist, bleibt die Senkung der Sozialversicherungsbeiträge.
Einen ersten Schritt hat die Regierung hier schon getan, indem sie die Dienstnehmerbeiträge zur Arbeitslosenversicherung für die unteren Einkommen gesenkt und für die niedrigen abgeschafft hat. Und in Kraft ist auch schon eine Entlastung steuerzahlender Familien: Seit heuer gilt der Familienbonus.
Laut Lohnsteuerstatistik 2017 (jene für 2018 liegt noch nicht vor, Anm.) bezahlt ein gutes Viertel der (4,52 Millionen) Erwerbstätigen sowie der (2,43 Millionen) Pensionisten gar keine Lohnsteuer, weil ihre Einkommen unter der Steuergrenze von 11.000 Euro jährlich liegen. Von einer Steuersenkung hätten diese 1,84 Millionen Menschen nichts; mehr Geld bliebe ihnen dann, müssten sie geringere Sozialversicherungsbeiträge abliefern.
Arbeitnehmer bezahlen derzeit 18,12 Prozent ihres Monatsbruttos für die soziale Absicherung (Krankheit, Arbeitslosigkeit, Pension); vom Dienstgeber kommen weitere 21,38 Prozent – was eine Gesamtbelastung von 39,5 Prozent ergibt. Die Sozialversicherungspflicht der Pensionsbezieher beschränkt sich (so sie nicht auch erwerbstätig sind) auf die Krankenversicherung.
Während die Sozialversicherung ab einem Einkommen jenseits der Geringfügigkeitsgrenze voll zuschlägt, verteilt sich die Lohnsteuer durch die Tarifstufen sehr unterschiedlich.
Die Agenda Austria hat sich das für die 4,52 Millionen Arbeitnehmer genauer angesehen. Ergebnis: Vom obersten Einkommensviertel, also von etwa einer Million Erwerbstätigen, kommen mehr als 75 Prozent der gesamten Lohnsteuereinnahmen (die sich 2017 auf 26,3 Milliarden Euro summierten). Ab wann zählt man zum obersten Einkommensviertel? Ab 44.000 Euro Bruttojahreseinkommen, das entspricht einem monatlichen Nettoeinkommen von gut 2000 Euro. Eine über den Familienbonus hinausgehende Entlastung ist für diese Gruppe offenbar nicht vorgesehen.
Das unterste Einkommensviertel der Erwerbstätigen und Pensionisten ist von der Lohnsteuer befreit. Folglich verteilen sich die fehlenden 25 Prozent der Lohnsteuerleistungen auf rund 4,2 Millionen Erwerbstätige und Pensionisten. Sie gelten als Mittelstand.