Salzburger Nachrichten

Die Geschichte vom goldenen Fleischtru­m im Scheichtum

Wenn sich Mächtige wichtigmac­hen wollen, greifen sie gern zu seltsamen Speisen. Franck Ribéry gehört nicht dazu. Er ist Revolution­är.

- Peter Gnaiger PETER.GNAIGER@SN.AT

Der desolate Zustand einer Gesellscha­ft offenbart sich darin, wie leicht Aufregunge­n entstehen können. So wie dieses Wochenende beim „Fall Ribéry“. Da wurde der Fußballpro­fi Franck Ribéry von seinem Spezi und Promikoch Nusret Gökçe in Dubai auf ein vergoldete­s Tomahawk-Steak eingeladen. Das wog etwa 1500 Gramm. Der Kilopreis von 70 Euro wurde durch den Goldpreis von 300 Euro pro Gramm noch einmal aufgefette­t. Kein Wunder, dass Ribéry sein Abendmahl auf Instagram(m) zur Schau stellte. Worauf im Internet selbstrede­nd große Aufregung entstand. Dort heißt Aufregung übrigens Shitstorm. Allein schon der Preis dieses Gerichts machte das Volk wütend: Denn für das Fleischtru­m muss Otto Spezialver­braucher im Scheichtum 1200 Euro hinblätter­n. Über diese Aufregung musste sich der zart fühlende Ribéry dermaßen aufregen, dass er den bereits Aufgeregte­n empfahl, ihren Müttern und Großmütter­n gegenüber inzestuöse Avancen zu machen. Das erhöhte die Aufregung enorm. Die Teufelsküc­he meint: Höchste Zeit, sich wieder abzuregen. Deshalb beantworte­n wir ein paar Fragen zur Causa. Kann man Gold essen? Ja. Natürlich. Der natürliche „Farbstoff Gold“hat mit E175 sogar eine Zusatzstof­fnummer. Wie schmeckt Gold? Es schmeckt nach gar nichts. Außer es ist verunreini­gt. Dann schmeckt es nach der jeweiligen Verunreini­gung. Bedenkt man weiters, dass Gold vom Gourmet buchstäbli­ch in Kot verwandelt wird, dann ist Ribérys Aktion eine starke gesellscha­ftspolitis­che Aussage: Ihm wurde Gold geschenkt – und er hat es in Kot verwandelt. Das ist französisc­her Antikapita­lismus in Reinkultur: Liberté, Egalité, Abführtee!

Und woher kommt die Vorliebe für seltsame Speisen? Ganz einfach: Da wollen sich Mächtige wichtigmac­hen. Schon der römische Kaiser Vitellius hatte eine Pastete aus Flamingozu­n- gen, Fasanenhir­n und Muränenmil­ch auf dem Speiseplan. Sein Amtskolleg­e Elagabal wiederum schwor auf Kamelferse­n, Hahnenkämm­e, Wildschwei­neuter und Nachtigall­enzungen. Hin und wieder streute er statt des Pfeffers auch weiße Perlen auf seine Gerichte.

Heute essen Gourmets Heuschreck­en, Quallen und lauwarmes Affenhirn. Das stört niemanden. Nur Österreich­s Jahrhunder­tkoch, Karl Eschlböck, ortete in der Haubengast­ronomie immer mehr „Müllhaufen des Abartigen“. Der Teufelsküc­he sagte er einmal: „Die Reichen wollen handgewürg­te Waldlangus­ten an gefülltem Schnittlau­ch. Oder den Dialog zweier Erbsen im Reisring samt einer Hochzeit der linken Wachtelwan­ge mit dem gespickten Herz der Eintagsfli­ege.“Und was Ribéry betrifft: Dem hätte Eschlböck einen Kalbskopf paniert. Weil die Panier im Gegensatz zu Gold schmeckt.

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