Die Geschichte vom goldenen Fleischtrum im Scheichtum
Wenn sich Mächtige wichtigmachen wollen, greifen sie gern zu seltsamen Speisen. Franck Ribéry gehört nicht dazu. Er ist Revolutionär.
Der desolate Zustand einer Gesellschaft offenbart sich darin, wie leicht Aufregungen entstehen können. So wie dieses Wochenende beim „Fall Ribéry“. Da wurde der Fußballprofi Franck Ribéry von seinem Spezi und Promikoch Nusret Gökçe in Dubai auf ein vergoldetes Tomahawk-Steak eingeladen. Das wog etwa 1500 Gramm. Der Kilopreis von 70 Euro wurde durch den Goldpreis von 300 Euro pro Gramm noch einmal aufgefettet. Kein Wunder, dass Ribéry sein Abendmahl auf Instagram(m) zur Schau stellte. Worauf im Internet selbstredend große Aufregung entstand. Dort heißt Aufregung übrigens Shitstorm. Allein schon der Preis dieses Gerichts machte das Volk wütend: Denn für das Fleischtrum muss Otto Spezialverbraucher im Scheichtum 1200 Euro hinblättern. Über diese Aufregung musste sich der zart fühlende Ribéry dermaßen aufregen, dass er den bereits Aufgeregten empfahl, ihren Müttern und Großmüttern gegenüber inzestuöse Avancen zu machen. Das erhöhte die Aufregung enorm. Die Teufelsküche meint: Höchste Zeit, sich wieder abzuregen. Deshalb beantworten wir ein paar Fragen zur Causa. Kann man Gold essen? Ja. Natürlich. Der natürliche „Farbstoff Gold“hat mit E175 sogar eine Zusatzstoffnummer. Wie schmeckt Gold? Es schmeckt nach gar nichts. Außer es ist verunreinigt. Dann schmeckt es nach der jeweiligen Verunreinigung. Bedenkt man weiters, dass Gold vom Gourmet buchstäblich in Kot verwandelt wird, dann ist Ribérys Aktion eine starke gesellschaftspolitische Aussage: Ihm wurde Gold geschenkt – und er hat es in Kot verwandelt. Das ist französischer Antikapitalismus in Reinkultur: Liberté, Egalité, Abführtee!
Und woher kommt die Vorliebe für seltsame Speisen? Ganz einfach: Da wollen sich Mächtige wichtigmachen. Schon der römische Kaiser Vitellius hatte eine Pastete aus Flamingozun- gen, Fasanenhirn und Muränenmilch auf dem Speiseplan. Sein Amtskollege Elagabal wiederum schwor auf Kamelfersen, Hahnenkämme, Wildschweineuter und Nachtigallenzungen. Hin und wieder streute er statt des Pfeffers auch weiße Perlen auf seine Gerichte.
Heute essen Gourmets Heuschrecken, Quallen und lauwarmes Affenhirn. Das stört niemanden. Nur Österreichs Jahrhundertkoch, Karl Eschlböck, ortete in der Haubengastronomie immer mehr „Müllhaufen des Abartigen“. Der Teufelsküche sagte er einmal: „Die Reichen wollen handgewürgte Waldlangusten an gefülltem Schnittlauch. Oder den Dialog zweier Erbsen im Reisring samt einer Hochzeit der linken Wachtelwange mit dem gespickten Herz der Eintagsfliege.“Und was Ribéry betrifft: Dem hätte Eschlböck einen Kalbskopf paniert. Weil die Panier im Gegensatz zu Gold schmeckt.