Chef der Bergrettung kritisiert „Vollkasko-Mentalität“
Trotz großer Lawinengefahr wagen sich immer wieder Freizeitsportler ins Gelände – und bringen damit auch Retter in Gefahr.
Obwohl derzeit niemand etwas abseits gesicherter Pisten verloren hätte, sind die Bergretter mit riskanten Einsätzen konfrontiert, um Wintersportler aus den Schneemassen zu befreien. In Zell am See wollte ein verschütteter Tourengeher sogar noch selbst abfahren, nachdem ihn Bergretter aus einer Lawine befreit hatten – die SN berichteten. Landesleiter Balthasar Laireiter sagt, die Bergrettung hinterfrage die Ursache von Einsätzen zwar nicht. Für die leichtsinnigen Wintersportler findet er dennoch kritische Worte.
Was bedeuten die massiven Schneefälle der vergangenen Tage für die Salzburger Bergrettung? Wie oft mussten die freiwilligen Helfer bisher ausrücken? Balthasar Laireiter: Es ist relativ turbulent zugegangen. Der Raum Zell am See war ganz schwer betroffen mit einem Lawinenverschütteten und dem Snowboarder, der aus dem Gelände in die Gondel hat aufgeseilt werden müssen. Und im Tennengau hatten wir die Suche nach zwei Schneeschuhgehern. Trotz aller Warnungen gibt es offenbar immer wieder Unbelehrbare. Wie gehen Sie und Ihre Kollegen damit um? Wir sind da, um den Leuten zu helfen, wenn wirklich jemand in Bergnot ist. Warum und wieso – da fragen wir nicht nach. Die Ursachenforschung ist nicht Sache der Bergrettung.
Balthasar Laireiter, Bergrettung
Welches Risiko gehen die Bergretter dabei ein und wo endet die Hilfsbereitschaft? Was vertretbar ist, tun wir eh alles. Den Snowboarder in Zell am See hat man auf normalem Weg nicht mehr bergen können. Den hat man aufgeseilt in eine Gondel und abtransportiert. Wenn dann noch einmal drei junge Snowboarder in einen benachbarten Hang einfahren und herausgeholt werden müssen, dann verschärft das die Sache noch einmal. Solange man helfen kann, tun wir das. In Abtenau mussten wir die Suche aber unterbrechen. Dort ist man in der Nacht noch ausgerückt – bis man gesagt hat, die Gefahr ist so groß, dass es unverantwortlich ist. Ärgern Sie sich eigentlich über jene, die derzeit trotz der akuten Lawinengefahr im Gelände unterwegs sind? Ärger ist der falsche Ausdruck. Es ist aber Unverständnis da, dass die Appelle von allen Seiten einfach ignoriert werden. Beobachten Sie einen Trend zu mehr Risiko bei den Freizeitsportlern? Das würde ich nicht einmal sagen, dass die Risikobereitschaft gestiegen ist. Es ist zu wenig Verständnis da. Die Leute wollen ja nicht verschüttet werden, die glauben es halt nicht. Die sind in der Euphorie des schönen Schnees und denken nicht weiter nach. Irgendwann stehen sie vor vollendeten Tatsachen, dass es nicht mehr vor und zurück geht. Dazu kommt eine VollkaskoMentalität, dass die Bergrettung eh kommt. Bei einer Unzahl von Freizeitsportlern betrifft das aber nur eine kleine Zahl. Welche Möglichkeiten sehen Sie, der Unwissenheit von Wintersportlern entgegenzuwirken? Es wird in alle Richtungen Aufklärungsarbeit geleistet – ob vom Lawinenwarndienst oder von den Medien. Aber die Leute hören gewisse Sachen nicht und wollen nur ihrem Vergnügen nachgehen. Man müsste jeden einzeln warnen.
„Solange es vertretbar ist, tun wir alles, um Leute zu retten.“