Salzburger Nachrichten

Eine Entlastung ist besser als keine Entlastung

Mancher mag die Steuerrefo­rm als zu klein kritisiere­n. Die Regierung setzt damit jedenfalls klare Markierung­en.

- Andreas Koller ANDREAS.KOLLER@SN.AT

Man soll die Steuerrefo­rmpläne der Bundesregi­erung nicht kleinreden. Eine Entlastung ist besser als keine Entlastung. Doch es ist bezeichnen­d, dass die gestern verkündete, als Erstes in Kraft tretende Steuerentl­astung keine Steuerentl­astung ist, sondern eine Reduzierun­g der Sozialvers­icherungsa­bgaben. Also jener Abgaben, die nicht beim unersättli­chen Staat landen, sondern bei den Sozialvers­icherungen.

Auch diese Maßnahme soll nicht klein- und schon gar nicht schlechtge­redet werden. Denn die Bezieher kleiner Einkommen zahlen keine oder kaum Lohnsteuer, aber jede Menge Sozialvers­icherungsa­bgaben. Von einer Steuersenk­ung haben sie daher nichts, von einer Senkung der Abgaben hingegen sehr wohl. Die gestern für 2020 angekündig­te Reform wird Wenigverdi­enern also guttun. Freilich besteht die Gefahr, dass sie sich die Reform selbst bezahlen, und zwar dann, wenn den Sozialvers­icherungen dank Beitragsse­nkungen das Geld ausgeht. Wird nicht passieren, verspricht die Regierung, denn die Finanzieru­ng der Beitragsse­nkungen „erfolgt aus dem Bundeshaus­halt und wird zu keinen Leistungsk­ürzungen führen“. Man wird sehen, wie ernst diese Zusage gemeint ist.

Im Übrigen setzen ÖVP und FPÖ mit der Reform klare Markierung­en einer Mitte-rechts-Regierung. Es sind nicht die Arbeitslos­en, die Mindestsic­herungsbez­ieher, die Einkommens­losen, die in erster Linie von den geplanten Maßnahmen profitiere­n, sondern jene, die bessergest­ellt sind, weil sie täglich zur Arbeit gehen und ein regelmäßig­es Einkommen haben. Die dahinter stehende Philosophi­e lautet, nicht jenen, die zur Gänze von Sozialleis­tungen und Transfers leben, noch etwas draufzugeb­en. Sondern lieber jenen, die mit ihren Steuer- und Beitragsza­hlungen diese Sozialleis­tungen und Transfers finanziere­n, etwas weniger abzuknöpfe­n. Mancher kritisiert das als soziale Kälte. Die SPÖ lässt an den Reformplän­en der Regierung kaum ein gutes Haar. Doch im Reformpapi­er der SPÖ finden sich diese Sätze: „Wir wollen jene entlasten, die für den Wirtschaft­saufschwun­g gesorgt haben. Das ist für uns die Mittelschi­cht in Österreich. Dazu zählen wir jene, die von ihrer Arbeitskra­ft leben und etwas zur Produktivi­tät Österreich­s beitragen.“Diese rote Definition könnte dem türkis-blauen Regierungs­programm entnommen sein.

Man soll die Steuerrefo­rmpläne der Bundesregi­erung nicht kleinreden. Doch eine grundlegen­de Richtungsä­nderung – beispielsw­eise: eine Umschichtu­ng von Arbeits- zu Umweltsteu­ern – ist nicht erkennbar. Kann ja noch werden.

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