Eine Entlastung ist besser als keine Entlastung
Mancher mag die Steuerreform als zu klein kritisieren. Die Regierung setzt damit jedenfalls klare Markierungen.
Man soll die Steuerreformpläne der Bundesregierung nicht kleinreden. Eine Entlastung ist besser als keine Entlastung. Doch es ist bezeichnend, dass die gestern verkündete, als Erstes in Kraft tretende Steuerentlastung keine Steuerentlastung ist, sondern eine Reduzierung der Sozialversicherungsabgaben. Also jener Abgaben, die nicht beim unersättlichen Staat landen, sondern bei den Sozialversicherungen.
Auch diese Maßnahme soll nicht klein- und schon gar nicht schlechtgeredet werden. Denn die Bezieher kleiner Einkommen zahlen keine oder kaum Lohnsteuer, aber jede Menge Sozialversicherungsabgaben. Von einer Steuersenkung haben sie daher nichts, von einer Senkung der Abgaben hingegen sehr wohl. Die gestern für 2020 angekündigte Reform wird Wenigverdienern also guttun. Freilich besteht die Gefahr, dass sie sich die Reform selbst bezahlen, und zwar dann, wenn den Sozialversicherungen dank Beitragssenkungen das Geld ausgeht. Wird nicht passieren, verspricht die Regierung, denn die Finanzierung der Beitragssenkungen „erfolgt aus dem Bundeshaushalt und wird zu keinen Leistungskürzungen führen“. Man wird sehen, wie ernst diese Zusage gemeint ist.
Im Übrigen setzen ÖVP und FPÖ mit der Reform klare Markierungen einer Mitte-rechts-Regierung. Es sind nicht die Arbeitslosen, die Mindestsicherungsbezieher, die Einkommenslosen, die in erster Linie von den geplanten Maßnahmen profitieren, sondern jene, die bessergestellt sind, weil sie täglich zur Arbeit gehen und ein regelmäßiges Einkommen haben. Die dahinter stehende Philosophie lautet, nicht jenen, die zur Gänze von Sozialleistungen und Transfers leben, noch etwas draufzugeben. Sondern lieber jenen, die mit ihren Steuer- und Beitragszahlungen diese Sozialleistungen und Transfers finanzieren, etwas weniger abzuknöpfen. Mancher kritisiert das als soziale Kälte. Die SPÖ lässt an den Reformplänen der Regierung kaum ein gutes Haar. Doch im Reformpapier der SPÖ finden sich diese Sätze: „Wir wollen jene entlasten, die für den Wirtschaftsaufschwung gesorgt haben. Das ist für uns die Mittelschicht in Österreich. Dazu zählen wir jene, die von ihrer Arbeitskraft leben und etwas zur Produktivität Österreichs beitragen.“Diese rote Definition könnte dem türkis-blauen Regierungsprogramm entnommen sein.
Man soll die Steuerreformpläne der Bundesregierung nicht kleinreden. Doch eine grundlegende Richtungsänderung – beispielsweise: eine Umschichtung von Arbeits- zu Umweltsteuern – ist nicht erkennbar. Kann ja noch werden.