Im Dschungel hinter einer Nebelwand
Wofür zahlen wir Steuern? Wie viel wäre wirklich nötig? So genau lässt sich das nicht sagen in Österreich.
Rund 85 Milliarden Euro sind im vergangenen Jahr an den Fiskus geflossen. Damit sind auch sehr wichtige Dinge finanziert worden. Ausgleichszulagen bzw. Mindestpensionen zum Beispiel. Oder Straßen, Pflegeheime und Schulen. Oder die Bezüge von Exekutivbeamten. Darauf wird niemand verzichten wollen. Also werden alle etwas einzahlen müssen.
Eine Debatte darüber, welche Leistungen wirklich sichergestellt werden sollten und wie viel Steuern und Beiträge dafür nötig sind, wäre in jedem Fall nützlich. Ganz besonders wäre es das aber im Hinblick auf die Steuerreform: So ließe sich ein vernünftiges und vor allem auch nachvollziehbares Entlastungsvolumen definieren.
Mag sein, dass sich all das nach einem überaus naiven Wunschdenken anhört. Man sollte aber nicht übersehen, warum sich die Politik nicht auf eine solche Auseinandersetzung einlässt und stattdessen eher nur beliebige Zielwerte definiert wie jenen, dass die Abgabenquote auf 40 Prozent gesenkt werden soll. Ein Grund dafür ist dieser: Die Verfasstheit der Republik macht es unmöglich, präzise zu sagen, wofür welche Summen unbedingt gebraucht werden. Zum einen verlieren sich zu viele Geldflüsse in einem Kompetenzdschungel, zum anderen werden sie hinter einer Nebelwand namens „Amtsgeheimnis“versteckt.
Das Gesundheitswesen ist ein eindrucksvolles Beispiel dafür: Der Rechnungshof hat sich die Mühe gemacht, die Finanzierungsströme aufzuzeichnen. Das Ergebnis ist ein Netz, das dem einer fleißigen Spinne gleicht und in dem es mehr als 60 Eckpunkte gibt. Die Länder kümmern sich vorzugsweise um die Spitäler, die Krankenversicherungen um die niedergelassene Versorgung, wo auch die Hausärzte anzutreffen sind, und so weiter und so fort. Gesamtverantwortung trägt niemand. Es ist klar, dass dieses System ineffizient und daher un- nötig teuer ist. Solange es aber nicht ordentlich organisiert ist, kann man vom Ausmaß nur eine Ahnung haben.
Apropos Ahnung: Vor zehn Jahren hatte der damalige Finanzminister Josef Pröll (ÖVP) die großartige Idee, alle Förderungen von Bund, Ländern und Gemeinden in einem Transferkonto zu erfassen. Kalkül: So wird unübersehbar, wohin zu viel Geld fließt. Dazu braucht es aber auch Transparenz, die eine Öffentlichkeit schafft, sodass die Entscheidungsträger letzten Endes gar nicht anders können, als Einsparungspotenziale auszuschöpfen. Das Problem ist jedoch, dass das Konto heute zwar Transparenzdatenbank heißt, der Inhalt aber nicht sonderlich transparent ist, sondern vielmehr geheim gehalten wird. Womit auch von daher keine echte Kalkulation für eine Steuerreform möglich ist.