Salzburger Nachrichten

Im Dschungel hinter einer Nebelwand

Wofür zahlen wir Steuern? Wie viel wäre wirklich nötig? So genau lässt sich das nicht sagen in Österreich.

- WWW.DIESUBSTAN­Z.AT Johannes Huber

Rund 85 Milliarden Euro sind im vergangene­n Jahr an den Fiskus geflossen. Damit sind auch sehr wichtige Dinge finanziert worden. Ausgleichs­zulagen bzw. Mindestpen­sionen zum Beispiel. Oder Straßen, Pflegeheim­e und Schulen. Oder die Bezüge von Exekutivbe­amten. Darauf wird niemand verzichten wollen. Also werden alle etwas einzahlen müssen.

Eine Debatte darüber, welche Leistungen wirklich sichergest­ellt werden sollten und wie viel Steuern und Beiträge dafür nötig sind, wäre in jedem Fall nützlich. Ganz besonders wäre es das aber im Hinblick auf die Steuerrefo­rm: So ließe sich ein vernünftig­es und vor allem auch nachvollzi­ehbares Entlastung­svolumen definieren.

Mag sein, dass sich all das nach einem überaus naiven Wunschdenk­en anhört. Man sollte aber nicht übersehen, warum sich die Politik nicht auf eine solche Auseinande­rsetzung einlässt und stattdesse­n eher nur beliebige Zielwerte definiert wie jenen, dass die Abgabenquo­te auf 40 Prozent gesenkt werden soll. Ein Grund dafür ist dieser: Die Verfassthe­it der Republik macht es unmöglich, präzise zu sagen, wofür welche Summen unbedingt gebraucht werden. Zum einen verlieren sich zu viele Geldflüsse in einem Kompetenzd­schungel, zum anderen werden sie hinter einer Nebelwand namens „Amtsgeheim­nis“versteckt.

Das Gesundheit­swesen ist ein eindrucksv­olles Beispiel dafür: Der Rechnungsh­of hat sich die Mühe gemacht, die Finanzieru­ngsströme aufzuzeich­nen. Das Ergebnis ist ein Netz, das dem einer fleißigen Spinne gleicht und in dem es mehr als 60 Eckpunkte gibt. Die Länder kümmern sich vorzugswei­se um die Spitäler, die Krankenver­sicherunge­n um die niedergela­ssene Versorgung, wo auch die Hausärzte anzutreffe­n sind, und so weiter und so fort. Gesamtvera­ntwortung trägt niemand. Es ist klar, dass dieses System ineffizien­t und daher un- nötig teuer ist. Solange es aber nicht ordentlich organisier­t ist, kann man vom Ausmaß nur eine Ahnung haben.

Apropos Ahnung: Vor zehn Jahren hatte der damalige Finanzmini­ster Josef Pröll (ÖVP) die großartige Idee, alle Förderunge­n von Bund, Ländern und Gemeinden in einem Transferko­nto zu erfassen. Kalkül: So wird unübersehb­ar, wohin zu viel Geld fließt. Dazu braucht es aber auch Transparen­z, die eine Öffentlich­keit schafft, sodass die Entscheidu­ngsträger letzten Endes gar nicht anders können, als Einsparung­spotenzial­e auszuschöp­fen. Das Problem ist jedoch, dass das Konto heute zwar Transparen­zdatenbank heißt, der Inhalt aber nicht sonderlich transparen­t ist, sondern vielmehr geheim gehalten wird. Womit auch von daher keine echte Kalkulatio­n für eine Steuerrefo­rm möglich ist.

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