„Weitere Reformen bei Pension, Pflege, Gesundheit wichtig“
Steuersenkungen würden belebend auf den Konsum und das Wachstum wirken, sagt EcoAustria-Chef Tobias Thomas.
Tobias Thomas ist Direktor des Forschungsinstituts EcoAustria.
SN: Ist diese Steuerreform ein großer Wurf? Tobias Thomas: Die Reform bringt Schritte in die richtige Richtung. Die Abgabenquote liegt im EU-Vergleich an sechsthöchster Stelle. Da tut eine Entlastung der Unternehmer und Arbeitnehmer not. Gerade die Körperschaftssteuerbelastung ist hoch. Sie liegt mit 25 Prozent deutlich über dem EU-Schnitt von 21,3 Prozent – ein Standortnachteil im internationalen Wettbewerb.
SN: Laut Agenda Austria ist eine KöSt-Senkung nicht so wichtig. Die hohen Steuern auf Arbeit seien der viel größere Standortnachteil. Ihre Sicht? Beide Steuern sind zu hoch und sollten gesenkt werden, zumal die Annahme, eine Körperschaftssteuerssenkung wirke nur im Bereich der Unternehmen, schlichtweg falsch ist. Senkt man die Körperschaftssteuer, hätten Unternehmen mehr Möglichkeiten zu investieren, dadurch würden Wachstum und Beschäftigung steigen und die Nettolöhne zulegen. Dadurch käme es zu mehr Konsum. Eine KöSt-Senkung sollte Element einer Steuerreform sein. Es ist aber auch wichtig, die hohe Belastung des Faktors Arbeit deutlich zu senken. Auch die nimmt Haushalten Möglichkeiten zu mehr Konsum und damit Wohlstand.
SN: Die Steuerreform wird in mehreren Etappen abgestottert. Ist das sinnvoll? Je später diese wichtigen Reformen kommen, desto länger werden Unternehmer und Arbeitnehmer diese hohen Belastungen tragen müssen. Das heißt, umso länger werden die Unternehmer nicht zusätzliche Investitionsspielräume haben und die Haushalte werden auf mehr Konsum verzichten müssen.
SN: Kann es eine Steuerreform und ein Nulldefizit nur mit Gewinnern und ohne Verlierer geben – noch dazu bei nachlassender Konjunktur? Die Finanzierungsseite ist sehr wichtig. Aus den Steuerreformelementen fließt ein Teil über die Selbstfinanzierung zurück. Über eine KöSt-Senkung würden mittelfristig 40 Prozent zurückfließen – langfristig 55 Prozent. Bei der Einkommenssteuersenkung liegt der Selbstfinanzierungsgrad zwischen 40 und 45 Prozent, bei Lohnnebenkostensenkungen sind es 65 bis 70 Prozent. Das heißt, vom Reformvolumen muss nur ein Teil gegenfinanziert werden. Der verbleibende Teil sollte nicht schuldenfinanziert werden, die Finanzierung über das Heben von Effizienzpotenzialen bei den Ausgaben erfolgen.
SN: In welchen Bereichen muss das passieren, um mit der Reform nicht Steuern von morgen zu produzieren? Das haben wir uns in einer Studie angesehen: Wenn in jedem Bundesland die öffentlichen Aufgaben in den Bereichen allgemeine Verwaltung, Schule, Kinderbetreuung, Gesundheit, Pflege und Wohnbauförderung so effizient erfüllt würden wie im jeweils besten Bundesland, würde ein Effizienzpotenzial von sechs Milliarden Euro frei werden – ohne dass die Leistungen für den Bürger gesenkt werden müssten.
SN: Es ist eine Reihe Reformen offen. Was wünschen Sie sich? Wenn sich Österreich weiter zu soliden Staatsfinanzen bekennt, jetzt langsam in Richtung des 60-Prozent-Kriteriums der Staatsschuldenquote kommt und zugleich die Abgaben nicht mehr steigen sollen, dann sind weitere Reformen in den Bereichen notwendig, in denen die Ausgaben in den nächsten Jahren durch die Demografie stark steigen werden. Das sind Pensionen, Pflege und Gesundheit.