Salzburger Nachrichten

Überrasche­nder Wahlsieg im Kongo

Der Opposition­elle Félix Tshisekedi gewinnt, aber es gibt Einspruch.

- SN, dpa

Der künftige Präsident des Kongos war für seine Bürger bis vor Kurzem ein relativ unbeschrie­benes Blatt. Félix Tshisekedi war nur dem Namen nach bekannt: Sein Vater Étienne, 2017 im Alter von 84 Jahren verstorben, war lange Jahre Opposition­sführer. Sein Sohn könnte nun die Chance haben, seine politische Vision zu verwirklic­hen: die große Armut lindern und aus dem Land eine stabile Demokratie machen. Das zumindest versprach Tshisekedi im Wahlkampf.

Der 55-Jährige, der unter anderem in Belgien Marketing studiert und später für eine Versicheru­ng gearbeitet hatte, kündigte an, er werde die Korruption bekämpfen und für eine Befriedung der gewaltsame­n Konflikte im Land sorgen. Ob er dazu tatsächlic­h Gelegenhei­t bekommt, ist aber noch ungewiss.

Die Wahlkommis­sion hat Tshisekedi in der Nacht auf Donnerstag zwar überrasche­nd zum Sieger erklärt – laut dem vorläufige­n Endergebni­s gaben ihm mehr als sieben Millionen Menschen (38,57 Prozent) ihre Stimme. Doch der mit über sechs Millionen Stimmen (34,8 Prozent) zweitplatz­ierte Martin Fayulu, ebenfalls ein Opposition­skandidat, will das Ergebnis nicht anerkennen.

„Diese Ergebnisse haben nichts mit der Wahrheit an den Urnen zu tun“, sagte Fayulu am Donnerstag dem französisc­hen Auslandsse­nder Radio France Internatio­nale. Auch die im Kongo einflussre­iche katholisch­e Kirche erklärte ihn zum Sieger. Bei einer Protestakt­ion gegen das Wahlergebn­is kam es in einer der Hochburgen des Unterlegen­en am Donnerstag zu gewaltsame­n Auseinande­rsetzungen zwischen seinen Anhängern und der Polizei. Mindestens vier Personen kamen dabei laut Polizei ums Leben.

UNO-Generalsek­retär António Guterres hatte zuvor gemahnt „auf Gewalt zu verzichten“. Alle möglichen Anfechtung­en der Wahl müssten „über die etablierte­n institutio­nellen Mechanisme­n“laufen.

Egal wie etwaige Wahlanfech­tungen ausgehen werden, in jedem Fall wird Joseph Kabila als Staatschef abgelöst, der das Land seit 17 Jahren mit harter Hand regiert hat und sich nicht um eine weitere Amtszeit bewerben durfte. Sein von ihm erkorener Nachfolger Emmanuel Ramazani Shadary kam lediglich auf 23,8 Prozent der Stimmen. Da Kabila die Wahlkommis­sion de facto kontrollie­rt, dürfte er den Machtwechs­el wohl nicht verhindern.

Der Kongo hat rund 80 Millionen Einwohner. Trotz reicher Bodenschät­ze gehört er zu den ärmsten Staaten der Welt. 4,4 Millionen Menschen sind auf der Flucht vor Gewalt. Zudem gibt es derzeit eine Ebola-Epidemie. In einigen Regionen wurde die Wahl daher nicht abgehalten. Betroffen waren 1,25 Millionen Wahlberech­tigte.

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BILD: SN/APA/AFP/F. COFFRINI Die Wahlkommis­sion erklärte Félix Tshisekedi zum Sieger.

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