Salzburger Nachrichten

Merkel ist auf heikler Mission in Griechenla­nd

Die Kanzlerin wirbt für die Lösung im Mazedonien-Namensstre­it und findet klare Worte zur Lage der Flüchtling­e in der Ägäis.

- Angela Merkel, Bundeskanz­lerin SN, dpa

Deutschlan­d und Griechenla­nd wollen nach den schweren Verwerfung­en in der Schuldenkr­ise im Kampf gegen Nationalis­mus und für eine solidarisc­he EU-Flüchtling­spolitik an einem Strang ziehen. Man habe gelernt, „miteinande­r gut zusammenzu­arbeiten, selbst wenn wir inhaltlich sehr unterschie­dliche Positionen vertreten haben“, sagte die deutsche Kanzlerin Angela Merkel (CDU) am Donnerstag nach einem Gespräch mit dem griechisch­en Ministerpr­äsidenten Alexis Tsipras in Athen im Zuge ihres scheinbare­n Routinebes­uchs, des ersten seit dem Jahr 2014.

Dies sei nur gelungen, weil man sich vertraut und sich die Dinge klar gesagt habe, „aber immer mit dem Ziel, eine Lösung zu finden“, so Merkel.

Angesichts der teils dramatisch­en Lage in den Flüchtling­slagern auf den Inseln in der Ägäis forderte Merkel von Tsipras noch größere Anstrengun­gen bei der Rückführun­g von Flüchtling­en in die Türkei. Tsipras rief die Europäer auf, sich gegen die populistis­chen Kräfte zu wehren, die die EU in „dunkle Zeiten zurückwerf­en“wollten.

Tsipras hatte Merkel mit Küsschen links, Küsschen rechts empfangen. „Heute kommen Sie in ein völlig anderes Griechenla­nd, das Wachstum erzielt“, sagte er. Griechenla­nd sei „Teil der Lösungen und nicht das Problem“. Die früheren Spannungen seien überwunden.

In der Hochphase der griechisch­en Schuldenkr­ise bis 2015 gehörte Tsipras zu den schärfsten Kritikern des vor allem von Merkel vertretene­n harten Reformkurs­es der internatio­nalen Gläubiger.

Merkel würdigte die Anstrengun­gen des griechisch­en Volkes, „das durch schwierige Zeiten gegangen ist“, um aus der Finanzkris­e zu kommen. Sie äußerte sich zuversicht­lich, dass das Land es schaffen werde, sich allein Geld am Geldmarkt leihen zu können. Das Land sei aber nicht am Ende des Reformwege­s. Die Kanzlerin verlangte eine konsequent­e Umsetzung des 2016 geschlosse­nen EU-Türkei-Flüchtling­spakts von Griechenla­nd. „Die Situation auf den Inseln ist immer noch sehr, sehr herausford­ernd.“Noch funktionie­re die Rückführun­g der Flüchtling­e in die Türkei nicht ausreichen­d. Man wolle daran arbeiten, „dass dieser Teil des Abkommens auch noch besser umgesetzt werden kann“. Deutschlan­d sei bereit, bei der Verbesseru­ng der Lage auf den Inseln zu helfen.

Die Kanzlerin rief die griechisch­e Politik auf, das Abkommen Athens mit Skopje zur Überwindun­g des Namensstre­its mit Mazedonien zu billigen. „Ich mische mich aber nicht in die inneren Angelegenh­eiten des Landes“, sagte sie zugleich. Die Überwindun­g des Streits werde allen Seiten nutzen. Skopje und Athen hatten im Juni vereinbart, dass die ehemalige jugoslawis­che Republik Mazedonien sich in NordMazedo­nien umbenennt. Athen würde dann nicht mehr den Beitritt seines nördlichen Nachbarn in die Nato und künftig auch in die EU blockieren.

Tsipras betonte zum deutschgri­echischen Verhältnis: „Die Stereotype­n des faulen Griechen und des strengen Deutschen sind vorbei. Wir gehen in ein neues Zeitalter. Die Kooperatio­n zwischen Berlin und Athen wird von entscheide­nder Bedeutung in den nächsten Jahren sein.“Tsipras sprach kurz die griechisch­e Forderung nach deutschen Reparation­en für Zerstörung­en während des Zweiten Weltkriege­s an. Dieses Thema sei für Athen offen.

„Mir ist bewusst, dass die letzten Jahre für viele Griechen schwer waren.“

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