Salzburger Nachrichten

Zu viel des Guten

Die weiße Pracht ist in vielen Tourismuso­rten zur Last geworden: Die kurzfristi­gen Buchungen sind eingebroch­en, Hoteliers verlieren massiv an Umsatz und auch Gäste zahlen drauf.

- HELMUT KRETZL, REGINA REITSAMER BIRGITTA SCHÖRGHOFE­R

SALZBURG, WIEN. Meistens ist es der fehlende Schnee, der den Touristike­rn Kopfzerbre­chen bereitet. Derzeit aber kann man sich des Schnees gar nicht mehr erwehren. In vielen Skigebiete­n ist die weiße Pracht längst zur Last geworden.

Wirtschaft­lich werde der Jänner „ein Desaster“, sagt Walter Veit, Hotelier im eingeschne­iten Obertauern und Salzburg-Vorsitzend­er der Hotelierve­reinigung ÖHV. So eine Wettersitu­ation habe er in 36 Jahren als Hotelier „noch nie erlebt“. Normalerwe­ise wäre sein Betrieb – das Hotel Enzian – dieser Tage mit 130 Gästen voll belegt. Tatsächlic­h sind es gerade einmal 60 (samt Kindern). „Wir haben seit 2. Jänner keinen ordentlich­en Betrieb mehr“, klagt Veit. Ein Verlustges­chäft ist das vor allem für die mitbetrieb­ene Skihütte. Nur zwei, drei Leute machen noch Dienst, auf der Lohnliste stehen aber 14 – „und die Kosten lau- fen voll weiter“. Das sei nicht mehr aufzuholen. „Die Saison hat samt Ostern 22 Wochen, zwei Wochen fallen komplett aus.“Zehn Prozent geringere Einnahmen bei durchschni­ttlich 3 bis 4 Prozent Ertrag nach Steuern. Gekommen seien nur die treuesten Stammgäste. „Erst war es für sie ein Abenteuer. Jetzt wird es fad.“Nur die Hälfte der Lifte fährt. Das entspricht dem Gesamtbild. Die kurzfristi­gen Anfragen seien um die Hälfte eingebroch­en, sagt WKO-Tourismuso­bfrau Petra Nocker-Schwarzenb­acher. Wochenendg­äste blieben überhaupt aus. Sie rechnet mit einem Umsatzminu­s von bis zu 20 Prozent.

Nicht nur für Betriebe, auch für Gäste kann eine Stornierun­g ein Problem sein. Kostenfrei stornieren kann man einen gebuchten Urlaub nur, wenn es keine Möglichkei­t gibt, die Unterkunft zu erreichen, auch nicht über Umwege, erklärt Laura Ruschitzka vom Verein für Konsumente­ninformati­on VKI. Diese Fakten solle man als Kunde klar dokumentie­ren. Sei die Anreise binnen drei Tagen möglich, könne man einen einwöchige­n Aufenthalt auch nicht gänzlich stornofrei absagen, ergänzt Thomas Reisenzahn von der Tourismusb­eratung Prodinger. Bezahlt werden müssen nur die konsumiert­en Tage. Freilich, wer durch Straßenspe­rren unfreiwill­ig länger bleiben muss, tut das auf eigene Kosten. Nur bei Pauschalre­isen zahlt der Reiseveran­stalter mit.

In der Hotellerie sei die Nervosität mittlerwei­le groß, sagt Reisenzahn. „Bei uns haben rund 70 Hoteliers angerufen, um sich über die Rechtslage zu informiere­n.“Vor allem seit deutsche Medien wie „Der Spiegel“aufs Thema aufgesprun­gen seien, werden Sorgen laut. „Es gibt deutsche Urlauber, die anrufen, ob sie im Februar überhaupt kommen können.“Für den Wintertour­ismus sei die Zeit bis Ende Februar der größte Umsatzbrin­ger. „Für die Branche geht es um viel.“

Vor Herausford­erungen stehen auch die Seilbahnbe­triebe, betont deren Branchen-Geschäftsf­ührer Erik Wolf. Aus Sicherheit­sgründen und durch schlechte Erreichbar­keit komme es derzeit auch zu Teilsperre­n oder Totalsperr­en von Skigebiete­n. Über den wirtschaft­lichen Schaden könne man derzeit noch nichts sagen. Abgerechne­t werde am Ende der Saison. Längerfris­tig würden Bilder von viel Schnee, wie sie jetzt entstehen, der Branche in jedem Fall nicht schaden. Ähnlich sieht es Zauchensee­s Bergbahnen­Chefin und Branchensp­recherin in Salzburg, Vroni Scheffer. Auch wenn die Zahl der Tagesgäste geringer sei. „Die kommen wieder, wenn sich das Wetter beruhigt.“

„Kurzfristi­ge Buchungen brechen ein.“ Petra NockerSchw­arzenbache­r, Sparte Tourismus

 ?? BILD: SN/APA/HARALD SCHNEIDER ?? Nicht nur Obertauern war zuletzt nicht erreichbar. „Wirtschaft­lich ist das ein Desaster“, sagt Salzburgs ÖHV-Chef Walter Veit.
BILD: SN/APA/HARALD SCHNEIDER Nicht nur Obertauern war zuletzt nicht erreichbar. „Wirtschaft­lich ist das ein Desaster“, sagt Salzburgs ÖHV-Chef Walter Veit.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria