Ein Smartphone auf vier Rädern
Wenn es nach IT-Riesen und Automobilkonzernen geht, werden unsere Fahrzeuge immer stärker vernetzt. Bis unsere Pkw autonom fahren, kann es aber noch dauern. Derweil gibt es Alexa fürs Auto. Und Parkhäuser, die unsere Wagen parken.
LAS VEGAS, Ein Autofahrer auf dem Weg zu einem Geschäftsessen. Im Wagen schmeißt er nicht etwa das Navi an. Vielmehr spricht er mit seinem Auto: „Alexa, sag mir den schnellsten Weg zum Restaurant.“Auf der Fahrt bittet er noch um Musik und die Info zu einer gut gelegenen Tankstelle. Und am Ziel angekommen, sucht er nicht selbst nach einer Parkgelegenheit. Stattdessen bittet er Alexa, ihm den nächsten freien Parkplatz zu zeigen.
Amazon rollt dieser Tage Echo Auto aus: Die Sprachassistentin Alexa zieht über eine frei nachrüstbare Zusatzbox in Autos ein. Im zweiten Quartal 2019 soll das System auch in Europa verfügbar sein.
Echo Auto ist nur ein Beispiel dafür, dass die globalen IT-Riesen längst Fahrzeuge als Spielwiese für ihre Produkte entdeckt haben. Ein Großteil jener Produktpräsentationen, die dieser Tage auf der weltgrößten Elektronikmesse CES in Las Vegas über die Bühne gehen, dreht sich um das Auto. Audi stellte etwa eine Virtual-Reality-Plattform (VR) vor, die sich an Mitfahrer richtet: Die Spiele und Filme, die per VR-Brille konsumiert werden können, passen sich in Echtzeit an die Bewegungen des Fahrzeugs an. Die Google-Tochter Waymo will indessen ihre Roboterwagen-Technologie für Privat-Pkw aller Art nachrüstbar machen. Und Daimler kündigte an, 500 Millionen Euro in selbstfahrende Lkw zu investieren.
„Das, was vor 15 Jahren mit dem Handy passiert ist – die Transformation zum Smartphone –, passiert nun mit dem Auto“, sagt Christian Adelsberger. Adelsberger ist Gründer und Geschäftsführer des Wiener Start-ups Parkbob. Mit der gleichnamigen Anwendung können Parkplätze gefunden werden: Der Nutzer bekommt angezeigt, wo er parken kann, wie lang er dort stehen darf und wie viel er dafür zahlen muss. Dafür wurden massenweise Daten digitalisiert und zusammengetragen – alte Straßenkarten ebenso wie Satellitenbilder. An ähnlichen Diensten basteln auch andere Anbieter, etwa Skidata. Doch Parkbob ist seit dieser Woche einen Schritt weiter: Just auf der CES verkündete Parkbob eine Kooperation mit Amazon. Künftig werden Nutzer von Echo Auto die Informationen zum nächstgelegenen Parkplatz über Parkbob ausgeworfen bekommen. Und das soll nur der erste Schritt sein: Bald wolle Parkbob auch die Möglichkeit anbieten, im Wagen per Sprachsteuerung ein Parkticket zu lösen. „Sprachsteuerung gehört die Zukunft – im Auto ganz speziell“, ist sich Adelsberger sicher. „Unsere Wahrnehmung ist beim Fahren beschränkt. Da kann Sprache helfen.“
Thomas Stottan sieht das etwas anders. Der Geschäftsführer der oberösterreichischen Audio Mobil Elektronik GmbH beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit „Mobilität 3.0“, wie er die Entwicklung hin zum vernetzten Fahren selbst bezeichnet. In wenigen Tagen wird er beim Fachkongress „Vernetzte Mobilität“im Zuge der Salzburger „AutoZum“Messe den Eröffnungsvortrag halten. „Wir Menschen sind Augentiere“, sagt Stottan. Primär nähmen wir die Welt mit den Augen wahr. Danach folge der Tastsinn – und erst auf Platz drei der Hörsinn, gleichauf mit dem Geruchssinn. „Ich halte es für bedenklich, sich nur auf eine Technologie zu stürzen.“Zukunftsträchtig seien vielmehr Lösungen, die mehrere Sinne kombinierten. Stottan nennt ein Beispiel: „Wenn ich beim Fahren dauernd auf die Temperaturanzeige auf dem Autodisplay schaue, kann die Anzeige durch das bloße Fixieren größer werden. Wieso brauche ich dafür einen Sprachbefehl?“Vergleichbares sei bereits technologisch möglich, jedoch noch nicht breitenwirksam eingeführt.
Ähnliches gelte für autonomes Fahren. In einem Vorort von Phoenix, Arizona, bietet die Google-Tochter Waymo zwar seit Kurzem Robotertaxis an. Dennoch glaubt Stottan, dass es noch 20 bis 30 Jahre dauern werde, bis sich autonomes Fahren durchsetze: „Allein schon um den Fahrzeugbestand komplett zu ersetzen, bräuchte es 13 Jahre.“Dazu kämen in Österreich Probleme, die man in Arizona nicht kenne. „Bei dichtem Schneetreiben fährt kein Auto autonom“, sagt Stottan. Und zu organisatorischen wie rechtlichen Problemen käme noch der Faktor Mensch: „Die beste Technologie nutzt nichts, wenn wir ihr nicht vertrauen.“
Dass es immer noch Vorbehalte gegen autonomes Fahren gibt, bestätigt auch eine Erhebung an der FH Salzburg. Für ihre Bachelorarbeit im Studiengang Design und Produktmanagement hat Raphaela Maria Mayr grob 200 Probanden nach ihrer Einstellung zu autono- mem Fahren befragt – aufgeteilt in eine ältere und eine jüngere Generation. Selbst ein teils automatisiertes Auto würde sich keine der beiden Generationen mit „absoluter Sicherheit“kaufen. Dazu werden zwar Vorteile erkannt – etwa der Zeitgewinn –, dennoch wird das größte Potenzial nicht im Privat-, sondern im Güterverkehr gesehen.
Weil Mobilitätsexperte Stottan solche Bedenken kennt, spricht er sich dafür aus, „nicht den Menschen zu technisieren, sondern die Technologie zu humanisieren“. So rät er der Politik, nicht hoch automatisiertes Fahren zu forcieren, sondern Digitalisierung und Verkehr Schritt für Schritt zu verknüpfen. Etwa durch Parkhäuser mit automatisiertem Einparkdienst – auch das sei schon möglich – oder Busse, die auf einer Art virtuellen Schiene unterwegs sind. In jedem Fall stehe eine kleine Revolution an. „Unser ganzes Mobilitätsverhalten wird sich ändern“, glaubt Stottan. Und er ergänzt: „Der Treibstoff der Zukunft wird die Informations- und Kommunikationstechnik sein.“
„Bei Schnee fährt kein Auto autonom.“ Thomas Stottan, Mobilitätsexperte