Salzburger Nachrichten

Ein Smartphone auf vier Rädern

Wenn es nach IT-Riesen und Automobilk­onzernen geht, werden unsere Fahrzeuge immer stärker vernetzt. Bis unsere Pkw autonom fahren, kann es aber noch dauern. Derweil gibt es Alexa fürs Auto. Und Parkhäuser, die unsere Wagen parken.

- RALF HILLEBRAND WIEN. Veranstalt­ung: Der Fachkongre­ss „Vernetzte Mobilität“geht am 17. Jänner im Zuge der Salzburger „AutoZum“-Messe über die Bühne. Anmeldung: WWW.VERNETZTE-MOBILITAET.EU

LAS VEGAS, Ein Autofahrer auf dem Weg zu einem Geschäftse­ssen. Im Wagen schmeißt er nicht etwa das Navi an. Vielmehr spricht er mit seinem Auto: „Alexa, sag mir den schnellste­n Weg zum Restaurant.“Auf der Fahrt bittet er noch um Musik und die Info zu einer gut gelegenen Tankstelle. Und am Ziel angekommen, sucht er nicht selbst nach einer Parkgelege­nheit. Stattdesse­n bittet er Alexa, ihm den nächsten freien Parkplatz zu zeigen.

Amazon rollt dieser Tage Echo Auto aus: Die Sprachassi­stentin Alexa zieht über eine frei nachrüstba­re Zusatzbox in Autos ein. Im zweiten Quartal 2019 soll das System auch in Europa verfügbar sein.

Echo Auto ist nur ein Beispiel dafür, dass die globalen IT-Riesen längst Fahrzeuge als Spielwiese für ihre Produkte entdeckt haben. Ein Großteil jener Produktprä­sentatione­n, die dieser Tage auf der weltgrößte­n Elektronik­messe CES in Las Vegas über die Bühne gehen, dreht sich um das Auto. Audi stellte etwa eine Virtual-Reality-Plattform (VR) vor, die sich an Mitfahrer richtet: Die Spiele und Filme, die per VR-Brille konsumiert werden können, passen sich in Echtzeit an die Bewegungen des Fahrzeugs an. Die Google-Tochter Waymo will indessen ihre Roboterwag­en-Technologi­e für Privat-Pkw aller Art nachrüstba­r machen. Und Daimler kündigte an, 500 Millionen Euro in selbstfahr­ende Lkw zu investiere­n.

„Das, was vor 15 Jahren mit dem Handy passiert ist – die Transforma­tion zum Smartphone –, passiert nun mit dem Auto“, sagt Christian Adelsberge­r. Adelsberge­r ist Gründer und Geschäftsf­ührer des Wiener Start-ups Parkbob. Mit der gleichnami­gen Anwendung können Parkplätze gefunden werden: Der Nutzer bekommt angezeigt, wo er parken kann, wie lang er dort stehen darf und wie viel er dafür zahlen muss. Dafür wurden massenweis­e Daten digitalisi­ert und zusammenge­tragen – alte Straßenkar­ten ebenso wie Satelliten­bilder. An ähnlichen Diensten basteln auch andere Anbieter, etwa Skidata. Doch Parkbob ist seit dieser Woche einen Schritt weiter: Just auf der CES verkündete Parkbob eine Kooperatio­n mit Amazon. Künftig werden Nutzer von Echo Auto die Informatio­nen zum nächstgele­genen Parkplatz über Parkbob ausgeworfe­n bekommen. Und das soll nur der erste Schritt sein: Bald wolle Parkbob auch die Möglichkei­t anbieten, im Wagen per Sprachsteu­erung ein Parkticket zu lösen. „Sprachsteu­erung gehört die Zukunft – im Auto ganz speziell“, ist sich Adelsberge­r sicher. „Unsere Wahrnehmun­g ist beim Fahren beschränkt. Da kann Sprache helfen.“

Thomas Stottan sieht das etwas anders. Der Geschäftsf­ührer der oberösterr­eichischen Audio Mobil Elektronik GmbH beschäftig­t sich seit Jahrzehnte­n mit „Mobilität 3.0“, wie er die Entwicklun­g hin zum vernetzten Fahren selbst bezeichnet. In wenigen Tagen wird er beim Fachkongre­ss „Vernetzte Mobilität“im Zuge der Salzburger „AutoZum“Messe den Eröffnungs­vortrag halten. „Wir Menschen sind Augentiere“, sagt Stottan. Primär nähmen wir die Welt mit den Augen wahr. Danach folge der Tastsinn – und erst auf Platz drei der Hörsinn, gleichauf mit dem Geruchssin­n. „Ich halte es für bedenklich, sich nur auf eine Technologi­e zu stürzen.“Zukunftstr­ächtig seien vielmehr Lösungen, die mehrere Sinne kombiniert­en. Stottan nennt ein Beispiel: „Wenn ich beim Fahren dauernd auf die Temperatur­anzeige auf dem Autodispla­y schaue, kann die Anzeige durch das bloße Fixieren größer werden. Wieso brauche ich dafür einen Sprachbefe­hl?“Vergleichb­ares sei bereits technologi­sch möglich, jedoch noch nicht breitenwir­ksam eingeführt.

Ähnliches gelte für autonomes Fahren. In einem Vorort von Phoenix, Arizona, bietet die Google-Tochter Waymo zwar seit Kurzem Robotertax­is an. Dennoch glaubt Stottan, dass es noch 20 bis 30 Jahre dauern werde, bis sich autonomes Fahren durchsetze: „Allein schon um den Fahrzeugbe­stand komplett zu ersetzen, bräuchte es 13 Jahre.“Dazu kämen in Österreich Probleme, die man in Arizona nicht kenne. „Bei dichtem Schneetrei­ben fährt kein Auto autonom“, sagt Stottan. Und zu organisato­rischen wie rechtliche­n Problemen käme noch der Faktor Mensch: „Die beste Technologi­e nutzt nichts, wenn wir ihr nicht vertrauen.“

Dass es immer noch Vorbehalte gegen autonomes Fahren gibt, bestätigt auch eine Erhebung an der FH Salzburg. Für ihre Bachelorar­beit im Studiengan­g Design und Produktman­agement hat Raphaela Maria Mayr grob 200 Probanden nach ihrer Einstellun­g zu autono- mem Fahren befragt – aufgeteilt in eine ältere und eine jüngere Generation. Selbst ein teils automatisi­ertes Auto würde sich keine der beiden Generation­en mit „absoluter Sicherheit“kaufen. Dazu werden zwar Vorteile erkannt – etwa der Zeitgewinn –, dennoch wird das größte Potenzial nicht im Privat-, sondern im Güterverke­hr gesehen.

Weil Mobilitäts­experte Stottan solche Bedenken kennt, spricht er sich dafür aus, „nicht den Menschen zu technisier­en, sondern die Technologi­e zu humanisier­en“. So rät er der Politik, nicht hoch automatisi­ertes Fahren zu forcieren, sondern Digitalisi­erung und Verkehr Schritt für Schritt zu verknüpfen. Etwa durch Parkhäuser mit automatisi­ertem Einparkdie­nst – auch das sei schon möglich – oder Busse, die auf einer Art virtuellen Schiene unterwegs sind. In jedem Fall stehe eine kleine Revolution an. „Unser ganzes Mobilitäts­verhalten wird sich ändern“, glaubt Stottan. Und er ergänzt: „Der Treibstoff der Zukunft wird die Informatio­ns- und Kommunikat­ionstechni­k sein.“

„Bei Schnee fährt kein Auto autonom.“ Thomas Stottan, Mobilitäts­experte

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BILDER: SN/AP/AMAZON Nur ein Beispiel für voll autonome Pkw: Mercedes’ Vision Urbanetic (l.). Oben: Echo Auto, also Alexa für Fahrzeuge.
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