Frei nach Forrest Gump: Dumm ist der, der Dummes teilt
Ein Kettenbrief zeigt, was auf Facebook falsch läuft. Und er macht deutlich, dass nicht jeder Nutzer Social Media verstanden hat.
Facebook wird zu einer „öffentlichen Einrichtung“. Alles, wirklich alles, was Sie jemals gepostet haben, wird ab morgen öffentlich: die lasziven Aktfotos, die Sie dem Ex-Freund geschickt haben. Die eigentlich bereits gelöschten Hasspostings unter Gutmenschen-Beiträgen. Und selbst das vor Jahren gepostete Video, in dem zwei Katzen um eine Schale Milch streiten – obwohl Sie es ja inzwischen gar nicht mehr so witzig finden. Doch es gibt Hoffnung: Diese apokalyptische Katastrophe können Sie aufhalten, wenn Sie sofort einen Kettenbrief auf Ihrem Facebook-Profil posten.
Völliger Schwachsinn, klar. Und eigentlich mehr als deutlich als solcher erkennbar. Dennoch wird dieser Tage im Minutentakt ein Facebook-Kettenbrief geteilt, der ebendiesen Blödsinn propagiert. Quelle der Insider-Info soll übrigens „ein Anwalt“sein. Irgendeiner.
Der Kettenbrief macht seit Jahren die Runde. Facebook selbst hat bereits 2016 davor gewarnt, dem (unbekannten) Urheber zu glauben. Also bitte: Glauben Sie solchen Aufforderungen nicht. Sollte Facebook jemals seine Ausrichtung ändern, ist die Plattform schon aus konsumenten- und datenschutzrechtlichen Gründen verpflichtet, die Nutzer direkt zu informieren.
Dass der absurde Kettenbrief über Jahre hinweg geteilt wird, ist aber auch ein Sinnbild. Zum einen für die Leichtgläubigkeit von Teilen der Social-Web-Community. Fast jedes in halbwegs korrektem Deutsch formulierte Schreiben findet Abnehmer. Zum anderen für die Angst vieler, dass all das, was sie Tag für Tag im Netz preisgeben, öffentlich werden könnte. Dahinter steckt jedoch ein Denkfehler: Nichts, was wir auf Facebook, WhatsApp, Snapchat von uns geben, ist komplett privat. Auch nicht „persönliche Nachrichten“. Zumindest die Plattformen haben Zugang zu den Informationen – selbst wenn sie gerne das Gegenteil behaupten. Und wie der Datenskandal in Deutschland zeigt, kann sogar ein durchschnittlich begabter Schüler Facebook-Passwörter knacken.
Um sich die Angst zu nehmen, dass sensible Online-Informationen komplett öffentlich werden, muss man keine Kettenbriefe teilen. Die Lösung ist viel simpler: Kein Nutzer sollte etwas ins Social Web stellen, was ihm um die Ohren fliegen könnte. Also weder laszive Aktfotos noch strafrechtlich relevante Hasspostings. Einzig bei den zwei milchsüchtigen Katzen muss man sich weniger Gedanken machen. Anregungen um die Digitalwelt? RALF.HILLEBRAND@SN.AT