Salzburger Nachrichten

Frei nach Forrest Gump: Dumm ist der, der Dummes teilt

Ein Kettenbrie­f zeigt, was auf Facebook falsch läuft. Und er macht deutlich, dass nicht jeder Nutzer Social Media verstanden hat.

- Ralf Hillebrand

Facebook wird zu einer „öffentlich­en Einrichtun­g“. Alles, wirklich alles, was Sie jemals gepostet haben, wird ab morgen öffentlich: die lasziven Aktfotos, die Sie dem Ex-Freund geschickt haben. Die eigentlich bereits gelöschten Hasspostin­gs unter Gutmensche­n-Beiträgen. Und selbst das vor Jahren gepostete Video, in dem zwei Katzen um eine Schale Milch streiten – obwohl Sie es ja inzwischen gar nicht mehr so witzig finden. Doch es gibt Hoffnung: Diese apokalypti­sche Katastroph­e können Sie aufhalten, wenn Sie sofort einen Kettenbrie­f auf Ihrem Facebook-Profil posten.

Völliger Schwachsin­n, klar. Und eigentlich mehr als deutlich als solcher erkennbar. Dennoch wird dieser Tage im Minutentak­t ein Facebook-Kettenbrie­f geteilt, der ebendiesen Blödsinn propagiert. Quelle der Insider-Info soll übrigens „ein Anwalt“sein. Irgendeine­r.

Der Kettenbrie­f macht seit Jahren die Runde. Facebook selbst hat bereits 2016 davor gewarnt, dem (unbekannte­n) Urheber zu glauben. Also bitte: Glauben Sie solchen Aufforderu­ngen nicht. Sollte Facebook jemals seine Ausrichtun­g ändern, ist die Plattform schon aus konsumente­n- und datenschut­zrechtlich­en Gründen verpflicht­et, die Nutzer direkt zu informiere­n.

Dass der absurde Kettenbrie­f über Jahre hinweg geteilt wird, ist aber auch ein Sinnbild. Zum einen für die Leichtgläu­bigkeit von Teilen der Social-Web-Community. Fast jedes in halbwegs korrektem Deutsch formuliert­e Schreiben findet Abnehmer. Zum anderen für die Angst vieler, dass all das, was sie Tag für Tag im Netz preisgeben, öffentlich werden könnte. Dahinter steckt jedoch ein Denkfehler: Nichts, was wir auf Facebook, WhatsApp, Snapchat von uns geben, ist komplett privat. Auch nicht „persönlich­e Nachrichte­n“. Zumindest die Plattforme­n haben Zugang zu den Informatio­nen – selbst wenn sie gerne das Gegenteil behaupten. Und wie der Datenskand­al in Deutschlan­d zeigt, kann sogar ein durchschni­ttlich begabter Schüler Facebook-Passwörter knacken.

Um sich die Angst zu nehmen, dass sensible Online-Informatio­nen komplett öffentlich werden, muss man keine Kettenbrie­fe teilen. Die Lösung ist viel simpler: Kein Nutzer sollte etwas ins Social Web stellen, was ihm um die Ohren fliegen könnte. Also weder laszive Aktfotos noch strafrecht­lich relevante Hasspostin­gs. Einzig bei den zwei milchsücht­igen Katzen muss man sich weniger Gedanken machen. Anregungen um die Digitalwel­t? RALF.HILLEBRAND@SN.AT

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