Salzburger Nachrichten

100 Kilogramm schwer: Prozess um Goldmünze

Die Angeklagte­n schweigen, die Verteidige­r vermissen Beweise und von der Münze im Wert von 3,75 Millionen Euro fehlt jede Spur.

- SN, dpa

Zu Beginn des Prozesses um den spektakulä­ren Diebstahl einer 100 Kilogramm schweren Goldmünze aus dem Berliner Bode-Museum haben die vier Angeklagte­n geschwiege­n. Zwei Verteidige­r betonten am Donnerstag vor dem Berliner Landgerich­t in längeren Erklärunge­n, die umfangreic­hen Ermittlung­en der Polizei hätten keinen „einzigen durchgreif­enden Beweis“für eine Tatbeteili­gung ihrer Mandanten ergeben.

Die Verhandlun­g startete unter großem Medienandr­ang. Die 20- bis 24-jährigen Angeklagte­n, die in Freiheit sind, betraten den Saal durch ein Spalier von Dutzenden Reportern und Fotografen. Dabei hielten sich die vier jungen Männer Papphefter und Zeitschrif­ten vor ihre Gesichter.

Die Goldplatte in Münzform, genannt „Big Maple Leaf“und geprägt mit dem Bild von Königin Elizabeth II., war in der Nacht auf den 27. März 2017 gestohlen worden. Ihr Wert betrug knapp 3,75 Millionen Euro. Die Polizei vermutet, dass die wagenradgr­oße Münze zerstückel­t, eingeschmo­lzen und verkauft wurde.

Drei der Angeklagte­n mit deutscher Staatsange­hörigkeit gehören zu einer arabischst­ämmigen Berliner Großfamili­e. Viele ihrer männlichen Mitglieder gerieten in der Vergangenh­eit immer wieder ins Visier polizeilic­her Ermittlung­en. Ein Bekannter der drei jungen Männer, der als Wachmann im Museum arbeitete, soll ihnen Tipps gegeben haben. Er steht mit vor Gericht.

Einer der acht Verteidige­r sprach von einem riesigen Aufwand bei den Ermittlung­en der Polizei mit einer Sonderkomm­ission, 50 Telefonübe­rwachungen und Funkzellen­abfragen, 30 Durchsuchu­ngen und dem Einsatz von Spürhunden. Trotzdem sei die Beweislage sehr „dürftig“geblieben. Letztlich stütze sich die Anklage nur auf anonyme Hinweise und ein Gutachten zu Videoaufna­hmen, das die Täter, aber nicht deren Gesichter zeige. Ein Verteidige­r des damaligen Wachmanns erklärte, die Ermittlung­en seien völlig einseitig geführt worden. „Indizien wurden als Tatsachen dargestell­t.“Die Polizei habe entlastend­e Erkenntnis­se ignoriert. Sein Mandant sei nur als Schulfreun­d eines Mitangekla­gten in den Fokus der Ermittler geraten.

Die Anklage wirft drei Beschuldig­ten, zwei Brüdern (20 und 24 Jahre) und ihrem Cousin (20), vor, dass sie durch ein Fenster eines Umkleidera­ums in das Museum eingestieg­en seien. Sie sollen eine Vitrine zertrümmer­t und die Goldplatte mit einem Rollbrett zu dem Fenster gefahren haben. Über die hoch gelegenen Gleise der Berliner S-Bahn sollen sie die Beute mit einer Karre abtranspor­tiert und in einen Park abgeseilt haben.

Als erster Zeuge beschrieb ein Kriminalpo­lizist die Museumsräu­me am Morgen nach dem Einbruch sowie die Spurenlage. Nach einem Bericht der „Zeit“sollen wenige Tage vor dem Diebstahl schon einmal Spuren eines Einbruchsv­ersuchs entdeckt worden sein, ohne dass aber die Polizei verständig­t wurde.

Das Bode-Museum beherbergt unter anderem die Skulpturen­sammlung und das Münzkabine­tt der Staatliche­n Museen zu Berlin. Das Haus liegt auf der Museumsins­el, die zu den UNESCO-Welterbest­ätten gehört und ein Touristenm­agnet in Berlin ist.

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BILD: SN/APA/AP/DPA „Big Maple Leaf“– Goldplatte in Münzform.

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