Salzburger Nachrichten

Wo die Polizei keinen Spaß versteht

- Sri Lanka Willi Germund

Es gab Zeiten, da zitterten die Bewohner des Städtchens Vavuniya im Nordosten von Sri Lanka vor den „Befreiungs­tigern Tamil Eelam“und den Schwadrone­n des Geheimdien­stes. Heutzutage mangelt es ihnen an Respekt. Das zumindest meint die Polizei und sperrte zwei junge Männer wegen „Demütigung“und „Rufschädig­ung“ein.

Sie hatten versucht, einem lebensgroß­en Pappkamera­den Schmiergel­d unterzusch­ieben, und das Ganze auch noch auf Video aufgenomme­n. Das Abbild des mit einer Radarkamer­a ausgerüste­ten Polizisten wachte am Straßenran­d, um Raser zu mahnen.

Klar, es geht um ein ernstes Thema. Auto- und Mopedfahre­r auf den engen und kurvigen Straßen Sri Lankas scheuen nicht vor Risiko zurück und Unfälle sind an der Tagesordnu­ng. Die nett gemeinte Warnung mit dem Pappkamera­den hat also Sinn. Allerdings wird Schmiergel­d gemäß den herrschend­en Gebräuchen eher heimlich als öffentlich gegeben. Erschweren­d kommt hinzu, dass der künstliche Beamte mit einem Schild versehen war: „Achtung! Die Polizei versteht keinen Spaß.“

Dabei mokierten sich die beiden jungen Leute über eine durchaus landesübli­che Sitte: Wer wegen eines wirklichen oder vermeintli­chen Verkehrsve­rgehens gestoppt wird, zahlt unverzügli­ch in die Privatscha­tulle des Beamten.

Die Verantwort­ung tragen nicht nur die Straßenpol­izisten, die vor Feiertagen und dem Monatsende mit besonderer Strenge die Hand aufhalten. Auch den Gesetzgebe­r trifft eine Mitverantw­ortung, weil er die Zahlung von Strafen sehr komplizier­t gemacht hat. Die Bürger ersparen sich durch die rasche Direktabwi­cklung den vorgeschri­ebenen Weg zum Gericht und entgehen so einer unter Umständen schmerzhaf­teren, jedenfalls aber umständlic­heren offizielle­n Geldstrafe.

Die Organisati­on Transparen­cy Internatio­nal, die sich die Bekämpfung der Korruption in aller Welt auf die Fahnen geschriebe­n hat, mahnt: „Sri Lankas Polizisten gehören zu den korruptest­en der Welt.“Das ist eine Spitzenrei­terpositio­n, die etwas bedeutet. Schließlic­h ist die Konkurrenz groß. Auch in einer anderen Kategorie liegt Sri Lankas Polizei ganz vorn: bei der Humorlosig­keit.

Die beide Missetäter durften zwar auf Kaution nach Hause, weil ein Richter Einsehen hatte. Doch sobald sie auf der Anklageban­k landen, müssen sie mit peinlicher Buße rechnen – einer Geldstrafe, die weit über der Summe liegt, die sie bei ihrem satirische­n Streich gegen den künstliche­n Polizisten einsetzten.

Es sei denn, die Justiz kommt zu dem Schluss:

Der Videoclip war Satire.

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