Kunst hilft beim Erinnern an Rassismus und Holocaust
MÜNCHEN. Nicolaus Schafhausen, der die Kunsthalle Wien vorzeitig verlässt, bekommt in München am NS-Dokumentationszentrum einiges zu tun. Die neue Direktorin Mirjam Zadoff betraut ihn mit einer ambitionierten Ausstellung, für die er bereits Künstler sucht. Unter dem Titel „Tell me about (yesterday) tomorrow“soll ab November 2019 zeitgenössische Kunst in Austausch mit der Erinnerungsarbeit jener Institution gebracht werden, die seit 2015 an der Stelle des „Braunen Hauses“, der einstigen NSDAP-Zentrale, steht.
Für die dafür etwa fünfzehn angedachten Werke wird im NSDokuzentrum kein Platz sein. Deshalb soll das Projekt auf andere Orte ausgeweitet werden. Fest stehen Kammerspiele, Lenbachhaus und Ludwig-Maximilians-Universität. Auch der Vorplatz des Hauses an der Brienner Straße könnte auf diese Weise ein Ort der Auseinandersetzung werden. Zugesagt haben die Künstlerinnen Keren Cytter, Annette Kelm und Ydessa Hendeles (unter dem Titel „Partners“war ihre eigene Sammlung – etwa mit Maurizio Cattelans kleinem Hitler – im Haus der Kunst zu sehen) sowie Olaf Nicolai. Da lässt sich folgern: Die Besucherzahlen seiner Ausstellungen in Wien mögen weit unter den Erwartungen geblieben sein, ein interessanter, innovativer Kopf mit mutigen Positionen ist Nicolaus Schafhausen allemal.
Dabei soll die verstärkte Beschäftigung mit der Zukunft überhaupt für die Neuausrichtung des Hauses stehen. Weltweite Entwicklungen zeigten, dass sich Erinnerungskultur verändern müsse, sagte die neue Direktorin Mirjam Zadoff. Also werde sich das Programm mehr als bisher internationalen, aktuellen und politischen Fragen widmen – wie Rassismus, Genozid und Holocaust. Dazu gehöre genauso der (Anti-) Rassismus in der Popkultur.
Mirjam Zadoff will mehr als bisher in Austausch mit Münchner wie internationalen Institutionen treten. Beispiel dafür ist die Ende Mai zu eröffnende Ausstellung „Die Stadt ohne. Juden Ausländer Muslime Flüchtlinge“, für die das NS-Dokumentationszentrum mit dem Jüdischen Museum Augsburg Schwaben kooperiert. Außerdem werden Referenten wie der australische Historiker und Autor Christopher Clark (31. Jänner) oder der britische „New York Times“-Kolumnist Roger Cohen (4. Juli) eingeladen.