Salzburger Nachrichten

Mächtige Monopole gibt es nicht nur im Reich der Mitte

In China regiert der Staat in der Wirtschaft beinhart mit. Mit der Digitalisi­erung entstehen aber auch im Westen neue Monopole.

- WWW.SN.AT/WIENS

China und der Westen – das ist eine schwierige Beziehung, eine eigenartig­e Hassliebe. Beide brauchen einander, aber beide verachten einander in gewisser Weise. In Peking lächelt die politische Führung darüber, wie sich ihre westlichen Kollegen vom Volk hertreiben lassen. Die wiederum hadern damit, wie ausländisc­he Unternehme­n in China schikanier­t werden.

Aber lassen kann man voneinande­r nicht, dazu steht für beide Seiten zu viel auf dem Spiel. Die Unternehme­n aus dem Westen kommen am Reich der Mitte nicht vorbei. Schließlic­h wartet dort der größte Teil der rund eine Milliarde Chinesen noch darauf, am wirtschaft­lichen und technische­n Fortschrit­t teilhaben zu können. Die darin schlummern­den Chancen will und kann man sich nicht entgehen lassen.

Anderersei­ts bedeutet das, sich mit einem Regime arrangiere­n zu müssen, das eine völlig andere Wirtschaft­spolitik verfolgt. Der in China praktizier­te Staatskapi­talismus ließ es zwar binnen weniger Jahrzehnte zur zweitgrößt­en Wirtschaft­smacht aufsteigen, aber der Preis dafür ist hoch. Den zahlt einerseits ein Großteil der Chinesen, die mit ansehen müssen, wie sich eine zahlenmäßi­g kleine Finanz- und Politoliga­rchie den Reichtum des Landes unter den Nagel reißt. Und es zahlt ihn die westliche Wirtschaft, die sich nur recht und schlecht gegen Chinas Imperialis­mus zur Wehr setzt.

Die deutsche Industrie spricht sich nun für eine härtere Linie gegenüber China aus. Es gelte rote Linien zu ziehen – und dem oft dreisten Diebstahl geistigen Eigentums und Chinas Einkaufsto­ur im Westen nicht tatenlos zuzusehen.

Allerdings greift es zu kurz, nur auf China zu blicken, wo die Politik die Wirtschaft gängelt. Auch westliche Marktwirts­chaften haben so ihre Probleme mit monopolist­ischen Strukturen. Hier ist aber nicht der Staat, sondern die viel gepriesene Digitalisi­erung dafür verantwort­lich. In der digitalen Wirtschaft haben sich Quasi-Monopole entwickelt, an denen die Konkurrenz zerbricht. Google, Amazon und Facebook haben in ihren Geschäftsf­eldern mittlerwei­le eine derartig große Machtposit­ion erlangt, dass ihnen kaum mehr Paroli geboten werden kann. Dass es etwa gelingt, eine europäisch­e Suchmaschi­ne aufzubauen, die mit Google konkurrier­en kann, ist eher eine Illusion denn eine Vision. Und am Marktplatz Amazon kommt auch kaum jemand vorbei, außer vielleicht der chinesisch­e Onlineries­e Alibaba.

Anders als in China kann man in Demokratie­n westlichen Zuschnitts aber immer noch einen Rest von Vertrauen haben, dass der Staat regulieren­d eingreift, um den Wettbewerb am Leben zu halten. Das ist auch bitter nötig. Es gilt nach innen und außen zu verteidige­n, was die westlichen Demokratie­n und Marktwirts­chaften groß gemacht hat – die Freiheit.

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Richard Wiens

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