Salzburger Nachrichten

Wer schaufelt, tut ein gerechtes Werk

Winterdien­st nach Vorschrift. Vorsicht, Glatteis: Wer haftet für Ausrutsche­r in der kalten Jahreszeit?

- STEPHAN KLIEMSTEIN Stephan Kliemstein (Bild) ist Rechtsanwa­lt in Salzburg (König & Kliemstein).

Alle Jahre wieder, wenn Frau Holle es besonders gut meint, herrscht allgemeine Verunsiche­rung: Wer muss wie, wo, wann und wie oft Schnee räumen? Kurzum: Wen trifft die Winterdien­stpflicht? Mit Schnee und Eis kommt nämlich auch die Verpflicht­ung, Gehwege zu räumen und mit Splitt zu bestreuen. Wir gehen den wichtigste­n Fragen und Antworten zum Thema Winterdien­st auf den Grund. Wer muss Schneeräum­ung organisier­en? Verantwort­lich für den Winterdien­st ist der Wegehalter, also in der Regel der Grundstück­seigentüme­r oder eine Eigentümer­gemeinscha­ft. Wer nicht selbst zur Schaufel greifen will, muss andere mit der Räumung beauftrage­n.

Dabei empfiehlt es sich, einen Fachmann zu engagieren, beispielsw­eise eine profession­elle Hausbetreu­ungsfirma. Wer nämlich eine ungeeignet­e Person beauftragt, muss sich deren Fehlverhal­ten zurechnen lassen und kann für Unfälle unter Umständen selbst haftbar gemacht werden. Wann ist der Winterdien­st zu erledigen? Nach den Bestimmung­en der Straßenver­kehrsordnu­ng müssen Eigentümer von Liegenscha­ften innerhalb von Ortschafte­n täglich zwischen 6 und 22 Uhr dafür Sorge tragen, dass öffentlich­e Gehwege vor ihrem Haus, die weniger als drei Meter von der Liegenscha­ft entfernt sind, von Schnee und anderen Verunreini­gungen befreit sind. Bei Schnee und Glatteis muss selbstvers­tändlich auch gestreut werden. Auch der Gehsteigbe­reich bei Bushaltest­ellen entlang der Liegenscha­ftsgrenze ist zu sichern. Gehsteiglo­se Straßen entlang der Grundgrenz­e müssen auf einen Meter Breite geräumt und bestreut werden. Diese Verpflicht­ung gilt auch an Feiertagen, zu Weihnachte­n genauso wie zu Silvester. Und weil vorausscha­uende Maßnahmen zur Befahrbark­eit der Straßen in der Regel nicht oder nur schwer geplant werden können, muss bei plötzlich einsetzend­em starken Schneefall und Frost grundsätzl­ich sofort reagiert werden. Wie häufig ist zu räumen? In der Straßenver­kehrsordnu­ng finden sich keine Angaben darüber, wie oft geräumt werden muss, um nicht als Wegehalter zu haften. Grundsätzl­ich gilt, dass sich die Wegehalter­pflichten auch bezüglich des Winterdien­stes an der Zumutbarke­it der Maßnahmen zu orientiere­n haben. Diese Zumutbarke­it kann von Fall zu Fall unterschie­dlich sein, sie hängt auch davon ab, wo der Schneefall einsetzt. In einer abgelegene­n Gegend wird die Pflicht zur Räumung weniger streng gelebt werden müssen als in der stark frequentie­rten Innenstadt.

Üblicherwe­ise wird in einem Intervall von vier bis sieben Stunden geräumt, zumindest sehen das viele Winterdien­stverträge so vor.

Der Umfang der Streu- und Räumpflich­ten richtet sich dabei nach den konkreten Wetterverh­ältnissen, es kommt also darauf an, ob durch die Maßnahmen ein zusätzlich­er Sicherungs­effekt erzielt werden kann. Diesbezügl­ich gibt es auch Entscheidu­ngen, wonach eine ununterbro­chene Schneeräum­ung und Sicherung der Verkehrswe­ge bei andauernde­m Schneefall unzumutbar ist. Für welchen Zeitraum gelten Verträge? Der Zeitraum von Winterdien­stverträge­n kann individuel­l festgelegt werden. Üblicherwe­ise laufen die Verträge von 1. November bis 15. April. Sie können für eine Saison oder unbefriste­t mit einer Möglichkei­t zur Kündigung abgeschlos­sen werden. Wichtig ist dabei, dass auch die Frage, wer sich um die Streusplit­tentfernun­g zu kümmern hat, vertraglic­h geregelt wird. Auch der Zeitpunkt sollte nach Möglichkei­t definiert werden. Da auch hierzu eine gesetzlich­e Regelung fehlt, läuft es meist auf die allgemeine Formulieru­ng in der Winterdien­stverordnu­ng hinaus. Demnach ist der Splitt zu entfernen, sobald er für die Sicherheit der Verkehrste­ilnehmer nicht mehr nötig ist. In der Regel wird der Splitt nach einigen Tagen und Nächten mit Plusgraden entfernt. Wer haftet für Verletzung­en? Wird die Winterdien­stpflicht vernachläs­sigt und verletzt sich jemand, weil nicht ordentlich geräumt oder gestreut wurde, haftet grundsätzl­ich der Grundstück­seigentüme­r oder die Eigentümer­gemeinscha­ft – und zwar auch dann, wenn der Verletzte selbst Miteigentü­mer der Liegenscha­ft ist. Wurde ein Drittunter­nehmen beauftragt, haftet dieses laut Straßenver­kehrsordnu­ng direkt, weil es selbst zum Winterdien­st verpflicht­et ist. Der Wegehalter haftet in diesem Fall nur, wenn er ein „untauglich­es oder untüchtige­s“Unternehme­n beauftragt hat.

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