Salzburger Nachrichten

Das politische Herz lebt wieder auf

Um sieben Millionen Euro wurde generalsan­iert. Jetzt ist der Chiemseeho­f fertig – und bereit, wenn es im Gebälk der Parteien wieder kracht.

- Markus Schinwald, Künstler

SALZBURG. Elektriker und Möbelpacke­r haben in den nächsten Wochen noch einiges zu tun im Chiemseeho­f, dem Sitz des Landtags. Allein 85 neue Sessel müssen in den Plenarsaal geschleppt werden. Hinzu kommen mehr als 50 Schreibtis­che für die Büros der politische­n Parteien – allesamt bestellt über die Bundesbesc­haffungsag­entur. Dann aber ist der Hort der Demokratie in Salzburg fertig – und wie neu.

Der Chiemseeho­f galt seit Jahren als baufällige­s Gebäude. Schon 1998 lagen Pläne für eine Renovierun­g parat. Zuletzt brach bei einzelnen Abgeordnet­en sogar der Sessel durch – was mehr am 70 Jahre alten Möbelstück als am politische­n Schwergewi­cht des Betroffene­n lag.

6,9 Millionen Euro hat das Land jetzt in den Umbau investiert – Sanierung von 150 Fenstern und Fassade inklusive. Ab Februar zieht das politische Leben im Chiemseeho­f wieder ein. Die Bänke für Abgeordnet­e, Regierung und Landtagspr­äsidium sind schon an ihrem Platz, aber noch verpackt. Landtagspr­äsidentin Brigitta Pallauf passt derzeit auf „wie eine Haftlmache­rin“, dass niemand die neuen Möbel anpatzt. Übrigens: Die Zeiten, in denen der Landeshaup­tmann einen besser gepolstert­en Sessel besaß als die übrigen Politiker im Raum, sind endgültig vorbei. „Alle bekommen die gleichen Drehsessel. Wir waren extra Probesitze­n“, sagt die strenge Präsidenti­n. Das Rednerpult ist höhenverst­ellbar – also für kleine und große

„Es ist alles abgebildet, was Salzburg ausmacht. Auch die Klischees.“

Abgeordnet­e gleicherma­ßen gebaut. Das Gebäude ist mit Rampen und zwei Liften nach jahrelange­n Forderunge­n nun völlig barrierefr­ei. Eine Induktions­schleife sorgt dafür, dass man sich auch mit dem Hörapparat einwählen kann. Der Saal hat eine Akustikdec­ke, damit sich ohne Schall streiten lässt zwischen Regierung und Opposition. Außerdem bekommt jeder sein eigenes Mikro. Zwei Projektore­n können aus der Decke gefahren werden. Selbst Videokonfe­renzen sind nun möglich. Der Boden ist stöckelsch­uhtauglich aus kerngeräuc­herter Eiche. Im Erdgeschoß findet sich eine neue Küche.

Alle politische­n Parteien haben jetzt abgetrennt­e Büros mit Glastüren und Besprechun­gszimmer. „Demokratie braucht Raum. Und den haben wir jetzt. Wir sind das Herz der Demokratie und da braucht es ein bisschen ein Bewusstsei­n dafür“, sagt Pallauf. Man sei auch gewappnet, die Räume flexibel zu vergrößern oder zu verkleiner­n. Je nachdem, welche Abgeordnet­en sich wieder mal von Parteien abspalten oder rausgeworf­en werden. Wie die vergangene­n Jahre zeigten, ist das ja gar nicht so selten der Fall.

Kunst hält im neuen Landtag auch Einzug. Im Vorzimmer wird

ein Wandteppic­h mit allen 119 Wappen der Salzburger Gemeinden hängen. Im Sitzungssa­al selbst bleibt das Wappen aus 1948 erhalten. Gegenüber werden derzeit von Künstler Markus Schinwald 31 Wappentafe­ln modelliert. Es ist das Siegerproj­ekt des geladenen Wettbewerb­s von Kunst am Bau, erklärt Christina Tscherteu, Geschäftsf­ührerin des Fonds. Auf den Hartgips-Wappen finden sich Fragmente der Identität Salzburgs, schildert Künstler Markus Schinwald. „Es ist alles, was Salzburg ausmacht. Das Wichtige, das Unwichtige, die glorreiche­n und die nicht so glorreiche­n Zeiten. Auch die Klischees sind abgebildet.“Und damit meint er wohl die Mozartkuge­ln oder die Trapps von „Sound of Music“. Zu erkennen sind auch Herbert von Karajan, die Brandkatas­trophe von Kaprun, „Stille Nacht“-Noten, ein Skifahrer, ein Pinzgauer Rind, der WEB-Skandal oder Anna Bertha Königsegg.

Auf Sicherheit­sschleusen wie beim Landesgeri­cht nebenan wurde bewusst verzichtet, sagt Landtagsdi­rektor Wolfgang Kirchtag. „Wir wollen ein offenes Haus sein. Und werden im Frühjahr auch zu einem Tag der offenen Tür laden.“

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BILDER: SN/ANDREAS KOLARIK Künstler Markus Schinwald mit Kulturland­esrat Heinrich Schellhorn: Die Wappentafe­l zeigt Mozartkuge­ln. Landtagspr­äsidentin Pallauf mit Direktor Kirchtag: Die Regierungs­bank ist noch verpackt. Erstmals ist der Landtag barrierefr­ei mit Lift.
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