Der österreichische Tatort punktet mit Szenen in Salzburg und einem politisch eingefärbten Plot der jüngeren Geschichte.
Der österreichische „Tatort“punktet mit Szenen in Salzburg und einem politisch eingefärbten Plot aus der jüngeren heimischen Geschichte.
SALZBURG. Politische Thriller mit Bezügen zu ungeklärten Ereignissen der Geschichte haben zwei Eigenschaften. Sie sind einerseits für Zuschauer besonders interessant, weil die Hoffnung besteht, zu Schlüsselfragen neue Erkenntnisse zu erlangen. Andererseits handelt es sich meist um brisante Interpretationen von Vorgängen, die in irgendeiner Weise in die Gegenwart reichen.
Der „Tatort“hat so einen Politikthriller schon einmal beispielhaft umgesetzt – in Kiel, zum Fall Barschel. Wie in „Borowski und der freie Fall“(2012) mit Axel Milberg über den ehemaligen schleswigholsteinischen Ministerpräsidenten Uwe Barschel beschäftigt sich nun auch der neue „Tatort“mit Harald Krassnitzer (als Moritz Eisner) und „Bibi Fellner“(Adele Neuhauser) mit dem Tod des Ex-Politikers Karl Lütgendorf. Beide hatten Berührungspunkte mit Waffengeschäften, beide hatten den offiziellen Ergebnissen zufolge Selbstmord begangen. Bei beiden bestehen aber bis heute erhebliche Zweifel.
Der österreichische „Tatort: Wahre Lügen“nähert sich dem Thema mutig – von mehreren Seiten. Der Mord an einer investigativen Journalistin führt Moritz und Bibi nach St. Gilgen an den Wolfgangsee, wo ein Auto aus den Fluten geborgen wird. Peter Matić spielt einen Polizisten, der einst mit dem Fall Lütgendorf zu tun hatte. Später wird er exakt so rätselhaft wie einst der General tot in seinem Auto aufgefunden. Seltsam ist außerdem das Verhalten der Lebensgefährtin des Opfers (Emily Cox). Und eine Vertreterin der Generaldirektion für Innere Sicherheit gibt auch keine Ruhe. Grund genug für Moritz, zwischendurch zu explodieren – und Bibi bereitet Sorgen, weil sie ein wenig zu sehnsüchtig nach dem Bierglas des Kollegen schielt.
Steht ein Rückfall bevor? Zumal sie deprimiert erscheint, weil es in ihrem Umfeld immer wieder zu Todesfällen kommt. „Lass das nicht so tief in dein Herz hinein“, wird sie von Eisner getröstet. Einsame Höhepunkte des Films von Thomas Roth sind Geplänkel zwischen den Abteilungen – und die Szenen mit Hubert Kramar als Polizeichef Ernst Rauter, der zu kalmieren versucht und sichtlich mit seinem Naturell als kritischer Zeitgenosse kämpft.
Als sich die Lage zuspitzt, ist Eisner gewiss: „Wenn wir die Dinge ins Rollen bringen, rollen jede Menge prominenter Köpfe mit.“
Der Titel „Wahre Lügen“des erstmals teilweise in Salzburg gedrehten „Tatorts“spielt direkt auf den gleichnamigen Thriller „True Lies“ von James Cameron mit Arnold Schwarzenegger an. Inhaltlich gibt es zwar kaum Bezüge, aber die Botschaft ist klar: „Nichts Genaues weiß man nicht“, würde die umgangssprachliche Zusammenfassung lauten – und damit schwindelt man sich geschickt über eine Festlegung zu Ende hinweg.
Dennoch zeichnet den eindrucksvollen Film eine packende Spannung aus.
Tatort: Wahre Lügen, Sonntag, ab 20.15 Uhr in ORF 2 und der ARD.