Salzburger Nachrichten

Probleme mit dem Herz erhöhen auch das Risiko für Darmkrebs

Eine Salzburger Studie belegt einen eindeutige­n Zusammenha­ng zwischen Herz-Kreislauf-Erkrankung­en und Darmkrebs. Eine Schlüsselr­olle spielen Entzündung­sprozesse.

- GERHARD SCHWISCHEI

Übergewich­t, Bewegungsm­angel, Rauchen, fett- und eiweißreic­he Ernährung: Schaut man sich wesentlich­e Risikofakt­oren für Darmkrebs an, liegt es fast auf der Hand, dass es hier Zusammenhä­nge mit Herz-Kreislauf-Erkrankung­en geben muss. Christian Datz, Ärztlicher Direktor des Krankenhau­ses Oberndorf, forscht schon seit Jahren zum Thema Darmkrebs und kann nun auch mit Zahlen klar belegen: Wer ein erhöhtes Risiko für Herzinfark­t oder Schlaganfa­ll hat oder Diabetiker ist, für den ist auch die Gefahr größer, an Darmkrebs zu erkranken. Für Datz ergibt sich aus dieser klaren Erkenntnis heraus daher zwangsläuf­ig die Frage, ob man nicht die Richtlinie­n in der Vorsorge ändern sollte.

An der Oberndorfe­r Darmkrebss­tudie haben insgesamt 2098 Frauen und Männer teilgenomm­en. 108 davon hatten bereits einen Herzinfark­t oder Schlaganfa­ll hinter sich, ihr Darmkrebsr­isiko ist, wie sich zeigte, knapp zehn Mal so hoch. Selbst Menschen mit einem „nur“ durchschni­ttlich erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankung­en haben noch immer ein drei Mal so hohes Risiko, an Darmkrebs oder zumindest einer Vorstufe davon zu erkranken. Und auch für Diabetespa­tienten lässt sich nach Angaben von Christian Datz eine signifikan­t erhöhte Gefahr nachweisen.

Risikopati­ent für Herz-KreislaufE­rkrankunge­n ist zum Beispiel, wer hohen Blutdruck hat, sportlich wenig bis gar nichts macht, Übergewich­t hat, sich schlecht mit zu viel Fleisch und Fett ernährt, an einer Form von Diabetes erkrankt ist und vielleicht auch noch raucht. Doch warum heizt das auch das Risiko für Darmkrebs an?

Datz erklärt, dass vor allem aus dem Fettgewebe dieser Personengr­uppe vermehrt sogenannte Mediatoren freigesetz­t würden, die zu entzündlic­hen Prozessen in den Blutgefäße­n, aber auch im Darm führen können.

Und diese Entzündung­en wiederum, die sich weder in Form von Fieber manifestie­ren noch sich in allgemeine­n Blutwerten auf den ersten Blick feststelle­n lassen, können wiederum Onkogene aktivie- ren. Diese Krebs-Gene sind Teil des Erbguts einer Zelle, die, übermäßig angekurbel­t, den Übergang vom normalen Wachstumsv­erhalten der Zelle zu ungebremst­em Tumorwachs­tum fördern.

Für den Darmexpert­en Christian Datz geht es nun darum, die Krebsrisik­en für Herz-Kreislauf-Patienten noch genauer als bisher zu konkretisi­eren. Doch haben schon die bisherigen Forschungs­ergebnisse dazu geführt, dass man in Österreich darüber nachdenkt, die Richtlinie­n in der Darmkrebsv­orsorge entspreche­nd anzupassen.

So kann sich Datz zum Beispiel vorstellen, in Rahmen der Vorsorgeun­tersuchung­en schon ab 45 Jahren eine Darmspiege­lung zu empfehlen. Derzeit gilt die Grenze mit 50 Jahren. „Vor allem für Männer ist das ratsam, weil sie im Vergleich zu den Frauen generell ein erhöhtes Darmkrebsr­isiko haben“, betont Datz. Warum es hier zwischen den Geschlecht­ern Unterschie­de gibt, ist noch nicht hinreichen­d geklärt. Es dürften aber hormonelle Unterschie­de ebenso eine Rolle spielen wie ein im Durchschni­tt gesünderer Lebenswand­el der Frauen und vor allem auch eine ausgewogen­ere Ernährung.

In den USA werden regelmäßig­e Darmspiege­lungen nach Angaben von Datz inzwischen schon ab 45 Jahren angeraten. Dort hat sich gezeigt, dass auf der einen Seite die Zahl der Darmkrebse­rkrankunge­n insgesamt zwar zurückgeht, die Krebspatie­nten jedoch immer jünger werden. In Österreich ist man derzeit dabei, Daten von 200.000 Darmkrebsp­atienten auszuwerte­n, ähnliche Zahlen wie in den USA liegen noch nicht vor.

Von diesen Empfehlung­en ausnehmen muss man, wie der Oberndorfe­r Experte sagt, alle Menschen mit grundsätzl­ich familienbe­dingt genetisch hohem Darmkrebsr­isiko. Für sie gelten auch jetzt schon sehr strenge Sonderrege­ln, die auf den Einzelfall abgestimmt werden.

„Mit Vorsorge schon früher beginnen.“Christian Datz, Darmkrebse­xperte

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