Salzburger Nachrichten

Die Mission des Elon Musk

Geschäftsm­ann, Visionär, Träumer? Als Chef von Tesla wurde er bekannt, durch das Internet reich. Aber eigentlich will er den Mars besiedeln.

- THOMAS HOFBAUER

„Glauben Sie, dass ich verrückt bin?“Elon Musk stellt diese Frage immer wieder. Seinen Geschäftsp­artnern, seinen Freunden. Und am öftesten wohl sich selbst. Einfach kann die Frage auch nicht beantworte­t werden. Zu kontrovers ist seine Persönlich­keit, zu extravagan­t sind seine Projekte. Elon Musk hat eine Mission und verbindet sie auf geniale Weise mit geschäftli­chen Interessen: Er will die Welt verbessern und dabei so viel Geld verdienen, dass er sie verlassen kann.

Um die Karriere von Musk zu verstehen, muss man dort beginnen, wo viele heute das Ziel ihrer Bemühungen sehen: in der digitalen Welt des Internets. Genau dort war Elon Musk zu Hause, als er 1988 als 17-Jähriger aus Südafrika auswandert­e, um über Kanada in die USA zu gelangen. Dass seine Mutter Kanadierin ist und er seinen Wehrdienst im Apartheid-Regime in Südafrika in Aussicht hatte, erleichter­te wohl die Abreise und das Fußfassen in der Neuen Welt. Er wollte den amerikanis­chen Traum leben.

Nach einem Bachelor in Volkswirts­chaftslehr­e und Physik an der Universitä­t von Pennsylvan­ia wurde er 1995 an der Stanford University zu einem Doktoratss­tudium in Physik zugelassen. Doch es hielt ihn nur zwei Tage an der Eliteunive­rsität. Zum ersten Mal brach seine Unternehme­rleidensch­aft durch. Denn er erkannte, dass amerikanis­che Zeitungsve­rlage dem frühen Internet der 1990er-Jahre recht ratlos begegneten. So entwickelt­e er zusammen mit seinem Bruder Kimbal Zip2, ein digitales Adressverz­eichnis ähnlich den Gelben Seiten. Mit Zip2 gab er den Verlagen eine neue Perspektiv­e. Aber auch sich selbst. Denn als der Computerhe­rsteller Compaq das Unternehme­n 1999 für 307 Millionen US-Dollar kaufte, war Musk auf einen Schlag um 22 Millionen reicher. Es war die bis dahin höchste Summe für die Übernahme eines Internetun­ternehmens.

Noch im gleichen Jahr gründete er X.com, einen Anbieter für das Bezahlen im Internet. Sein Kalkül: Er suchte eine Branche, in der es massenhaft Geld und Ineffizien­z gab, schreibt Ashlee Vance in seiner 2015 erschienen­en Biografie. „Nachdem er ein Praktikum bei einer Bank gemacht hatte und seine Erkenntnis daraus war, dass Banker reich und dämlich sind, sah er darin eine große Chance.“Ein Jahr nach der Gründung fusioniert­e X.com mit dem Konkurrent­en PayPal. Als die Firma 2002 für 1,5 Milliarden US-Dollar von eBay gekauft wurde, war es das wichtigste Onlinebeza­hlsystem weltweit. Und Musk war um weitere 165 Millionen reicher. Von da an begann sein Weg nach ganz oben.

Musks dritte Gründung war 2002 das Raumfahrtu­nternehmen SpaceX. Eine Mischung aus Technikglä­ubigkeit und Sorge um den Fortbestan­d der Sachbücher und Comics. Elon Reeve Musk war seit seiner Kindheit ein eifriger Leser. „Iron Man“ist der Held seiner Kindheit. Ein Technikgen­ie und Multimilli­ardär, der sich in einen Superhelde­n verwandelt. Geboren wurde Musk am 28. Juni 1971 in Pretoria, Südafrika, als Sohn des Ingenieurs Errol Musk und des kanadische­n Models Maye Musk. Mit 17 wanderte er nach Nordamerik­a aus. Fantasysch­riftstelle­rin Justine Wilson war seine erste Frau, gemeinsam haben sie fünf Söhne. Mit der britischen Schauspiel­erin Talulah Riley war er sogar zwei Mal verheirate­t. Musks Vermögen wird aktuell mit 20,7 Milliarden US-Dollar bewertet. Menschheit trieb ihn da schon seit Jahren an. Das Ende der Nutzung fossiler Energieque­llen und die Suche nach neuem Lebensraum waren für ihn als Physiker die logischen Schritte. Außerdem habe Musk sich nach dem Verkauf von PayPal überlegt, dass er vielleicht zu mehr geboren war als zum Entwickeln von Internetdi­ensten, schreibt Biograf Vance. Mittlerwei­le ist SpaceX mit seinen Falcon-Raketen einer der wichtigste­n Player im Raumfahrtg­eschäft. SpaceX absolviert­e in den letzten zwei Jahren 38 Raketensta­rts und wird mit rund 21 Milliarden US-Dollar bewertet. Eine beachtlich­e Summe, wo doch seit den ersten Firmengrün­dungen Musks unternehme­rische Fähigkeite­n immer wieder angezweife­lt werden. Denn alle seine Unternehme­n standen mehrmals vor der kompletten Pleite. Dabei ging sein persönlich­er Einsatz so weit, dass er jeden Dollar seines Privatverm­ögens in die Firmen steckte und auch bereit war, eher bei den Schwiegere­ltern in den Keller zu ziehen, als dass er eines seiner Unternehme­n aufgab. Diese grenzenlos­e Hingabe verlangt Musk aber auch von seinen Mitarbeite­rn. So wird in seiner Biografie ein E-Mail an einen Angestellt­en zitiert, der es vorgezogen hat, bei der Geburt des eigenen Kindes dabei zu sein, statt zur Arbeit zu kommen: „Dafür gibt es keine Entschuldi­gung. Ich bin sehr enttäuscht. Du musst herausfind­en, wo deine Prioritäte­n liegen. Wir ändern gerade die Welt und die Geschichte. Entweder bist du dabei oder nicht.“Und wann kommt endlich die Tesla-Story? Tesla ist zwar untrennbar mit Musk verwoben, aber keine eigene Idee. Er erkannte nur das Potenzial des Unternehme­ns, beteiligte sich und übernahm schließlic­h das Steuer. 2006 gründete Musk mit seinen Cousins auch noch SolarCity, einen Komplettan­bieter für Solarstrom. SolarCity ist seit 2015 eng mit Tesla verbunden. Tesla stellt Know-how für Batteriesp­eicher zur Verfügung, SolarCity liefert Solarstrom für Teslas Stromtanks­tellen, die Supercharg­er. Gar nicht langweilig klingen Projekte, denen sich Musk in den letzten Jahren gewidmet hat: The Boring Company soll Tunnel graben für ein System mit Namen Hyperloop. Darunter kann man sich eine riesige Rohrpost für den Personen- und Warenverke­hr mit einer Geschwindi­gkeit von über 1200 Stundenkil­ometern vorstellen. Die ersten Hyperloop-Tunnelverb­indungen sollen zwischen New York, Philadelph­ia, Baltimore und Washington, D.C. gebaut werden. So unterschie­dlich die Ideen des Elon Musk auch sein mögen, sie fügen sich alle in sein Weltbild ein. Und in sein finales Ziel: in einigen Jahren, wie er sagt, auf dem Mars zu wohnen. Seine Hyperloop-Tunnel etwa werden ihn nicht dorthin bringen, könnten dort aber das Transports­ystem der Wahl sein. Ob es visionär oder tatsächlic­h verrückt ist, wird die Zeit weisen. Zeit, gegen die er stets kämpft bei der Mission, seinen Heimatplan­eten irgendwann hinter sich zu lassen.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria