Die Mission des Elon Musk
Geschäftsmann, Visionär, Träumer? Als Chef von Tesla wurde er bekannt, durch das Internet reich. Aber eigentlich will er den Mars besiedeln.
„Glauben Sie, dass ich verrückt bin?“Elon Musk stellt diese Frage immer wieder. Seinen Geschäftspartnern, seinen Freunden. Und am öftesten wohl sich selbst. Einfach kann die Frage auch nicht beantwortet werden. Zu kontrovers ist seine Persönlichkeit, zu extravagant sind seine Projekte. Elon Musk hat eine Mission und verbindet sie auf geniale Weise mit geschäftlichen Interessen: Er will die Welt verbessern und dabei so viel Geld verdienen, dass er sie verlassen kann.
Um die Karriere von Musk zu verstehen, muss man dort beginnen, wo viele heute das Ziel ihrer Bemühungen sehen: in der digitalen Welt des Internets. Genau dort war Elon Musk zu Hause, als er 1988 als 17-Jähriger aus Südafrika auswanderte, um über Kanada in die USA zu gelangen. Dass seine Mutter Kanadierin ist und er seinen Wehrdienst im Apartheid-Regime in Südafrika in Aussicht hatte, erleichterte wohl die Abreise und das Fußfassen in der Neuen Welt. Er wollte den amerikanischen Traum leben.
Nach einem Bachelor in Volkswirtschaftslehre und Physik an der Universität von Pennsylvania wurde er 1995 an der Stanford University zu einem Doktoratsstudium in Physik zugelassen. Doch es hielt ihn nur zwei Tage an der Eliteuniversität. Zum ersten Mal brach seine Unternehmerleidenschaft durch. Denn er erkannte, dass amerikanische Zeitungsverlage dem frühen Internet der 1990er-Jahre recht ratlos begegneten. So entwickelte er zusammen mit seinem Bruder Kimbal Zip2, ein digitales Adressverzeichnis ähnlich den Gelben Seiten. Mit Zip2 gab er den Verlagen eine neue Perspektive. Aber auch sich selbst. Denn als der Computerhersteller Compaq das Unternehmen 1999 für 307 Millionen US-Dollar kaufte, war Musk auf einen Schlag um 22 Millionen reicher. Es war die bis dahin höchste Summe für die Übernahme eines Internetunternehmens.
Noch im gleichen Jahr gründete er X.com, einen Anbieter für das Bezahlen im Internet. Sein Kalkül: Er suchte eine Branche, in der es massenhaft Geld und Ineffizienz gab, schreibt Ashlee Vance in seiner 2015 erschienenen Biografie. „Nachdem er ein Praktikum bei einer Bank gemacht hatte und seine Erkenntnis daraus war, dass Banker reich und dämlich sind, sah er darin eine große Chance.“Ein Jahr nach der Gründung fusionierte X.com mit dem Konkurrenten PayPal. Als die Firma 2002 für 1,5 Milliarden US-Dollar von eBay gekauft wurde, war es das wichtigste Onlinebezahlsystem weltweit. Und Musk war um weitere 165 Millionen reicher. Von da an begann sein Weg nach ganz oben.
Musks dritte Gründung war 2002 das Raumfahrtunternehmen SpaceX. Eine Mischung aus Technikgläubigkeit und Sorge um den Fortbestand der Sachbücher und Comics. Elon Reeve Musk war seit seiner Kindheit ein eifriger Leser. „Iron Man“ist der Held seiner Kindheit. Ein Technikgenie und Multimilliardär, der sich in einen Superhelden verwandelt. Geboren wurde Musk am 28. Juni 1971 in Pretoria, Südafrika, als Sohn des Ingenieurs Errol Musk und des kanadischen Models Maye Musk. Mit 17 wanderte er nach Nordamerika aus. Fantasyschriftstellerin Justine Wilson war seine erste Frau, gemeinsam haben sie fünf Söhne. Mit der britischen Schauspielerin Talulah Riley war er sogar zwei Mal verheiratet. Musks Vermögen wird aktuell mit 20,7 Milliarden US-Dollar bewertet. Menschheit trieb ihn da schon seit Jahren an. Das Ende der Nutzung fossiler Energiequellen und die Suche nach neuem Lebensraum waren für ihn als Physiker die logischen Schritte. Außerdem habe Musk sich nach dem Verkauf von PayPal überlegt, dass er vielleicht zu mehr geboren war als zum Entwickeln von Internetdiensten, schreibt Biograf Vance. Mittlerweile ist SpaceX mit seinen Falcon-Raketen einer der wichtigsten Player im Raumfahrtgeschäft. SpaceX absolvierte in den letzten zwei Jahren 38 Raketenstarts und wird mit rund 21 Milliarden US-Dollar bewertet. Eine beachtliche Summe, wo doch seit den ersten Firmengründungen Musks unternehmerische Fähigkeiten immer wieder angezweifelt werden. Denn alle seine Unternehmen standen mehrmals vor der kompletten Pleite. Dabei ging sein persönlicher Einsatz so weit, dass er jeden Dollar seines Privatvermögens in die Firmen steckte und auch bereit war, eher bei den Schwiegereltern in den Keller zu ziehen, als dass er eines seiner Unternehmen aufgab. Diese grenzenlose Hingabe verlangt Musk aber auch von seinen Mitarbeitern. So wird in seiner Biografie ein E-Mail an einen Angestellten zitiert, der es vorgezogen hat, bei der Geburt des eigenen Kindes dabei zu sein, statt zur Arbeit zu kommen: „Dafür gibt es keine Entschuldigung. Ich bin sehr enttäuscht. Du musst herausfinden, wo deine Prioritäten liegen. Wir ändern gerade die Welt und die Geschichte. Entweder bist du dabei oder nicht.“Und wann kommt endlich die Tesla-Story? Tesla ist zwar untrennbar mit Musk verwoben, aber keine eigene Idee. Er erkannte nur das Potenzial des Unternehmens, beteiligte sich und übernahm schließlich das Steuer. 2006 gründete Musk mit seinen Cousins auch noch SolarCity, einen Komplettanbieter für Solarstrom. SolarCity ist seit 2015 eng mit Tesla verbunden. Tesla stellt Know-how für Batteriespeicher zur Verfügung, SolarCity liefert Solarstrom für Teslas Stromtankstellen, die Supercharger. Gar nicht langweilig klingen Projekte, denen sich Musk in den letzten Jahren gewidmet hat: The Boring Company soll Tunnel graben für ein System mit Namen Hyperloop. Darunter kann man sich eine riesige Rohrpost für den Personen- und Warenverkehr mit einer Geschwindigkeit von über 1200 Stundenkilometern vorstellen. Die ersten Hyperloop-Tunnelverbindungen sollen zwischen New York, Philadelphia, Baltimore und Washington, D.C. gebaut werden. So unterschiedlich die Ideen des Elon Musk auch sein mögen, sie fügen sich alle in sein Weltbild ein. Und in sein finales Ziel: in einigen Jahren, wie er sagt, auf dem Mars zu wohnen. Seine Hyperloop-Tunnel etwa werden ihn nicht dorthin bringen, könnten dort aber das Transportsystem der Wahl sein. Ob es visionär oder tatsächlich verrückt ist, wird die Zeit weisen. Zeit, gegen die er stets kämpft bei der Mission, seinen Heimatplaneten irgendwann hinter sich zu lassen.