Der Glöckner von Adelboden
Marcel Hirscher gewinnt zum achten und neunten Mal in Adelboden und hat zusammen mit seinen Podestplätzen nun 16 Kuhglocken aus dem Berner Oberland gesammelt.
SALZBURG. Er siegt und siegt und sammelt dabei auch noch Kuhglocken: Marcel Hirscher hat am Samstag den Riesentorlauf-Klassiker auf dem Adelbodener Chuenisbärgli gewonnen und Sonntag auf dem Hang mit seinem Sieg im Slalom nachgelegt – für Hirscher waren es die Weltcupsiege Nummer 66 und 67. Dabei nimmt Adelboden einen ganz besonderen Platz ein: Neun Mal hat er hier gewonnen, erstaunliche 16 Mal stand er hier auf dem Podium – beides sind Rekordmarken im Ski-Weltcup. Für jeden Podiumsplatz bekam er eine Kuhglocke. Kein Wunder, dass ihn der Stadionsprecher schon als den „Glöckner von Adelboden“bezeichnet hat.
„Adelboden ist wirklich ein spezieller Platz für mich“, meinte Hirscher, der auch schon sein drittes Double in Slalom und Riesentorlauf in dem Schweizer Ort nach 2012 und 2018 gefeiert hat. Beide Rennen waren jedoch härter umkämpft als zuvor gedacht – Hirscher ging Samstag als Zweiter hinter Kristoffersen in die Entscheidung und Sonntag als Dritter (hinter Schwarz und Kristoffersen). Im jeweils zweiten Lauf zündete er dann den Turbo und drehte die Entscheidung doch noch zu seinen Gunsten. „Es fehlt derzeit ein bisschen die Selbstverständlichkeit“, meinte der Salzburger, der auch am Sonntag von einer gewissen Verunsicherung sprach. „Im zweiten Lauf war es dann jeweils besser, da konnte ich den vollen Schub geben“, meinte er. „Aber es geht in die richtige Richtung und wir werden weiterarbeiten und am Set-up feilen.“
Dass es in die richtige Richtung geht, das kann man auch in Sachen Gesamtweltcup sagen: Hirscher verlässt Adelboden mit über 400 Punkten Vorsprung in der Gesamtwertung auf seinen einzigen Verfolger Henrik Kristoffersen – bei drei ausstehenden Slaloms im Jänner (Wengen, Kitzbühel, Schladming) und einem Riesentorlauf (Garmisch-Partenkirchen) vor der WM scheint jetzt schon klar zu sein, dass Hirscher auch als Weltcupführender in die WM geht – man darf das durchaus auch als Vorentscheidung in der Wertung verstehen.
Hinter Hirscher belegte am Sonntag der erst 21-jährige Franzose Clément Noël im Slalom Rang zwei – es war der erste Podestplatz für das Ski-Talent, das Hirscher selbst schon einmal als seinen potenziellen Nachfolger bezeichnet hat.
Eine Achterbahnfahrt der Gefühle hat Marco Schwarz an dem Wochenende in der Schweiz erlebt: Im samstägigen Riesentorlauf qualifizierte er sich mit Startnummer 67 überraschend für den zweiten Durchgang, wo er nachlegen konnte und mit zweitschnellster Laufzeit im zweiten Lauf noch Rang sieben herausgefahren hat. Am Sonntag knallte er wie schon in Zagreb Laufbestzeit im ersten Durchgang in den Schnee, schied im zweiten Lauf aber erneut aus. „Schade, ich habe gewusst, dass ich voll angreifen muss. Wenn der Marcel einmal nicht in Führung liegt, dann probiert er alles. Ich bin momentan sprachlos, aber ich muss weitermachen und ich weiß, dass ich gut und schnell Ski fahren kann.“
Mit dem siebten Rang vom Samstag schaffte es Schwarz wohl als dritter Fahrer nach Hirscher und Manuel Feller in das WM-Riesentorlaufteam – was für ihn ein gewaltiges Programm bei der WM bedeuten wird: Denn neben Slalom und Riesentorlauf wird Schwarz auch in der Kombination antreten und er ist natürlich auch ein Thema für den Teambewerb. „Wir müssen aber schauen, dass es nicht zu viel wird“, so Trainer Marko Pfeifer.
Das betrifft auch den Weltcup: Denn Schwarz wird schon am morgigen Dienstag das erste Abfahrtstraining in Wengen bestreiten, weil er in der Kombi am Freitag antreten wird. Auch da traut ihm sein Trainer einen Top3-Platz zu.
Gleich zwei Ausfälle hatte Manuel Feller an dem Wochenende zu verkraften – in beiden Rennen war nach wilden Ritten schon im jeweils ersten Lauf Schluss. Für ihn wird jetzt bald wieder ein zählbares Resultat wichtig, immerhin geht es auch in der Startliste stetig nach hinten.
Doch das war noch nichts gegen die „schwarze Woche“, die der Deutsche Stefan Luitz durchleben musste. Erst wurde ihm in der Vorwoche der Sieg im Riesentorlauf von Beaver Creek aberkannt, dann stürzte er Samstag im Riesentorlauf von Adelboden und erlitt eine Schulterluxation. Am heutigen Montag wird es in München weitere Untersuchungen geben, bei denen festgestellt werden soll, ob Bänder verletzt sind und damit der WM-Start infrage steht. „Momentan kommt alles zusammen. Aber ich kämpfe weiter“, meinte der 26-Jährige.
„Ich weiß, dass ich schnell Ski fahren kann.“