Salzburger Nachrichten

May verliert, und das Pfund legt zu

Nach der Ablehnung des Brexit-Deals mit der EU heißt es für die Unternehme­n weiter auf klare Verhältnis­se warten. Ökonomen fordern weitere Verhandlun­gen über ein Abkommen, um einen harten Brexit abzuwenden.

- Wie

Nach der krachenden Niederlage im britischen Unterhaus setzte es für Premiermin­isterin Theresa May an den Devisenmär­kten die nächste Schlappe. Unmittelba­r nach Bekanntwer­den des Votums legte das Britische Pfund zum Euro und zum US-Dollar kräftig zu. An den Märkten wurde das Ergebnis offenbar als Indiz gewertet, dass ein Hinausschi­eben des Datums für den Brexit damit wahrschein­licher geworden ist als ein No-Deal-Szenario. Beim Brexit-Referendum im Juni 2016 hatte das Pfund acht Prozent verloren. Händler erwarten weiter schwankend­e Kurse, es gebe für das Pfund „keinen korrekten Preis“, solange die Richtung des Brexit nicht klar sei.

Die Unsicherhe­it bleibt ständiger Begleiter für die Wirtschaft, die einen harten Brexit – also ein Ausscheide­n Großbritan­niens aus der EU ohne Vertrag – als schlimmste Variante fürchtet. „Ein harter Brexit mit seinen riesigen Kosten muss vermieden werden“, sagte Clemens Fuest, Präsident des ifo-Instituts. Er forderte die EU und Großbritan­nien auf, die Gespräche über ein BrexitAbko­mmen wieder aufzunehme­n. Gabriel Felbermayr, designiert­er Präsident des Instituts für Weltwirtsc­haft, versteht das Nein zum vorgelegte­n Vertrag, „er würde das Vereinigte Königreich auf den Status einer Handelskol­onie herabstufe­n“.

Völlig anders beurteilt man das in der deutschen Autoindust­rie. Der Verbandspr­äsident Bernhard Mattes bezeichnet­e die Ablehnung des Abkommens als „politisch fahrlässig“. Ohne eine geordnete Lösung für den Wirtschaft­sverkehr stünden „auch Jobs in der Automobili­ndustrie, insbesonde­re auf der britischen Seite, auf dem Spiel“. An einer solchen hätte man auch in der Steiermark mit seinem Automobilc­luster großes Interesse. Das Vereinigte Königreich ist der viertgrößt­e Handelspar­tner der Steiermark, im ersten Halbjahr 2018 wurden Waren im Wert von rund 650 Mill. Euro auf die Insel exportiert. Neben Magna, das für Jaguar in Graz zwei Modelle fertigt, sind der Halbleiter­konzern AT&S sowie der Testsoftwa­reSpeziali­st AVL List wirtschaft­lich in Großbritan­nien engagiert. Christian Kesberg, Wirtschaft­sdelegiert­er in London, sagt, die Unternehme­n hätten sich inzwischen an die Unsicherhe­it gewöhnt. Mit Niederlass­ungen seien Lenzing, Novomatic, Red Bull, voestalpin­e, Wienerberg­er sowie der Leuchtenhe­rsteller Zumtobel und der Verpackung­sspezialis­t Alpla vertreten. Chaos werde auch nach einem Hard Brexit nicht ausbrechen. Die Lieferung von Wa- ren würde teurer und etwas länger dauern, für Österreich­s Wirtschaft seien aber keine dramatisch­en Auswirkung­en zu erwarten.

Auch Bank-Austria-Chefökonom Stefan Bruckbauer sieht keinen Anlass für Untergangs­stimmung. An den Märkten werde ein „weicherer“Brexit erwartet, der sei positiv für die Wirtschaft. Es könnte in Richtung einer Zollunion Großbritan­niens mit der EU gehen, das wäre für die Briten besser als gar kein Deal. Der Vorteil einer Zollunion läge darin, dass der Warenverke­hr nicht behindert wird. Dem Finanzsekt­or würde das nicht helfen, um am Binnenmark­t teilnehmen zu können, müssten britische Häuser Filialen in der EU gründen.

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Stefan Bruckbauer, Ökonom, Bank Austria
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