Maria reitet in den Cousinen-Kampf
Regisseurin Josie Rourke interpretiert britisches Königinnendrama neu.
WIEN. Maria Stuart ist mit 16 Jahren Königin von Frankreich, mit 18 verwitwet und kehrt 1561 nach Schottland zurück, um ihren rechtmäßigen Thron einzunehmen. Doch hier regiert inzwischen ihre Cousine Elisabeth I., Königin von England. Maria hofft auf eine friedliche Koexistenz, doch die Rivalität eskaliert bald, befeuert von der anglikanischen Kirche, von den um ihre Autonomie besorgten schottischen Edelleuten, von den Beratern beider Königinnen.
„Maria Stuart, Königin von Schottland“ist das Spielfilmdebüt der Theaterregisseurin Josie Rourke, die auf Basis einer Stuart-Biografie von John Guy eine Neuinterpretation der schottischen Herrscherin unternimmt. Unter Rourkes Regie wird die Frage „Was wäre, wenn?“überdeutlich: Hätten diese beiden Frauen nicht Verbündete sein können, Schwestern, Freundinnen? Saoirse Ronan spielt Maria, Margot Robbie ihre etwas ältere königliche Cousine Elisabeth, die der Schottin zur Aufrechterhaltung der Machtverhältnisse sogar ihren eigenen Liebhaber als Gemahl anbietet, als innenpolitisches Faustpfand. Es ist eine Rivalität nicht nur um Macht, auch um Schönheit, wie die konventionelle Erzählweise der Geschichte nahelegt, eine „All About Eve“-Situation, in der die Jüngere die Ältere aus der Gunst der Bewunderer zu verdrängen droht.
Rourke inszeniert vor allem Maria Stuart als moderne Frau, die sich umgibt mit Hofpersonal ganz unterschiedlicher Hautfarben und sexueller Orientierungen. Sie ist in dieser Lesart nicht nur eine Frau, die sich immer wieder gegen Männer durchsetzen muss, sondern dient zugleich als eine Parabel dafür, wie Solidarität unter Frauen und Marginalisierten gegenüber einer das Herrschen gewöhnten Männerklasse aussieht. Was hätten diese Monarchinnen getan, wären sie freier gewesen in ihren Entscheidungen? Rourkes Film erzählt keine alternative Realität, sondern nimmt historisch belegte Ereignisse und legt darüber den Filter und die Empfindsamkeiten der Gegenwart. Das ist bisweilen etwas penetrant, doch die historische Konstellation dieser beiden Königinnen bietet sich dafür an, dieser Moment, in dem zwei sehr mächtige Frauen regieren, und von ihren Beratern aufgrund geopolitischer und wirtschaftspolitischer Agenden gegeneinander ausgespielt werden. Film: „Maria Stuart, Königin von Schottland“. Historienfilm, GB 2018. Regie. Josie Rourke. Mit Saoirse Ronan, Margot Robbie, Gemma Chan.