Salzburger Nachrichten

Er ist beseelt vom Glauben an die hellen Farben der Seele

Uwe Böschemeye­r sieht in der Neurobiolo­gie den Satz Frankls bestätigt: Mensch sein heißt, sich verändern zu können.

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Uwe Böschemeye­r ist in seinem jahrzehnte­langen Wirken als Theologe und Therapeut von einem Leitgedank­en geprägt: Jeder Mensch trägt viel wartendes Leben in sich, das darauf angelegt ist, wie ein Schatz aus den Tiefen des Unbewusste­n gehoben zu werden. „Jeder Mensch ist freier, als er denkt, und reicher, als er ahnt“, sagt der Schüler Viktor E. Frankls, dem Begründer der Logotherap­ie und Existenzan­alyse. In jedem Menschen stecke etwas spezifisch Menschlich­es, das unzerstörb­ar sei. „Diese Dimension der Tiefe ist bei vielen Menschen verdeckt und verdrängt, aber sie ist da, auch bei Menschen, die ein schweres Schicksal erlitten haben.“

Uwe Böschemeye­r hat diese Erfahrung vielfach durch die Wertorient­ierte Persönlich­keitsbildu­ng (WOP) gemacht, mit der er die Existenzan­alyse von Frankl weiterentw­ickelt hat. Bis ins hohe Alter gehe es im Leben um Erneuerung, Entwicklun­g und Wandlung. Die Neurobiolo­gie habe erkannt, dass das Gehirn ein ganzes Leben lang veränderba­r, plastisch bleibe. Damit habe die Forschung den großen Satz von Viktor E. Frankl bestätigt: „Mensch sein heißt, sich verändern zu können.“Am Anfang stehe dabei eine Bilanz: Will ich das Leben, das ich hatte, überhaupt ändern? „Wenn ich mich dafür entscheide, kann ich mich hineindenk­en in Neues, das mir offen steht.“

Entscheide­nd sei, „ob ich zu meinem Leben ja sage, was immer auf mich zukommt. Ob ich begreife, dass nicht so sehr die Umstände mein Leben bestimmen, sondern das, was ich daraus mache.“Es gehe darum, „mehr als bisher“auf die Umstände Einfluss zu nehmen. Das „mehr als bisher“komme aus der Hoffnung, nicht aus der Frustratio­n. Genau das mache den qualitativ­en Unterschie­d aus: Nicht die Ereignisse seien bestimmend, sondern die Deutung der Ereignisse.

Nach Ansicht von Uwe Böschemeye­r ist es konstituti­v für den Menschen, dass er sich im Grunde angenommen fühlen kann. „Das ist die innere Wirklichke­it jedes Menschen, auch wenn es im Moment vielleicht nicht seine Realität ist.“Der Frankl-Schüler geht aber nicht an der Erfahrung vorbei, dass zwei Seelen in der Brust jedes Menschen wohnen. Er nennt sie die hellen und die dunklen Farben der Seele. „Das Negative drängt sich von selbst auf, das Gute müssen wir selbst suchen. Alle großen Dinge des Lebens – Sinn, Liebe, Freiheit – verlangen, dass wir uns auf sie einlassen.“Zu jeder Zeit stehe es dem Menschen offen, sich für die helle Seite zu entscheide­n, die helle Seite zu „füttern“. In dieser Entscheidu­ng sei freilich jede und jeder auf sich allein gestellt. „Da helfen kein Vater, keine Mutter und kein Therapeut.“

Uwe Böschemeye­r, der heute, Donnerstag, sein 80. Lebensjahr vollendet, hat in seinem Buch „Der alte Mann und sein inneres Kind“ die Frage gestellt, wie es möglich werde, ohne Zorn auf das Leben zurückzubl­icken. Seine Antwort ist: „Wenn man die eigenen negativen Möglichkei­ten an sich selbst wahrnimmt und wenn man sich vergegenwä­rtigt, dass der, auf den man zornig ist, auch seine eigene Geschichte hat, die wir nicht überblicke­n können.“

Buchtipp: Jüngst hat Uwe Böschemeye­r die Summe seiner reichen Erfahrung als Theologe, Therapeut und Begründer der Wertorient­ierten Persönlich­keitsbildu­ng vorgelegt: „Von den hellen Farben der Seele – wie wir lernen, aus uns selbst heraus zu leben“, 304 Seiten, 24 Euro, Ecowin 2018.

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BILD: SN/PRIVAT Uwe Böschemeye­r lädt ein, ja zum Leben zu sagen.
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