Präsident Erdo˘gan will den Balkan erobern
Der Europäischen Union muss es missfallen, dass die Türkei wie Russland den Einfluss im Südosten des Kontinents ausweitet.
Macht und das stärkste Land auf dem Balkan“.
Erdoğan schwärmt seit Jahren von einer „Neuen Türkei“– einem Reich mit alten Grenzen: Der türkische Präsident beschrieb sich selbst einmal als Politiker, der „vom Geist des Osmanischen Reichs bewegt“sei. Das war auch zu spüren, als Erdoğan auf einer Großkundgebung in Sarajevo sprach. 15.000 Anhänger waren aus Europa angereist. „Seid ihr bereit, der ganzen Welt die Stärke der europäischen Türken zu demonstrieren?“, rief Erdoğan dem Publikum zu.
Zur Zeit seiner größten Ausdehnung im 17. Jahrhundert umfasste das Osmanische Reich neben Anatolien den Nahen Osten, die Schwarzmeerregion, große Teile Nordafrikas und den Balkan. Viele türkische Familien haben Vorfahren aus der Balkanregion. Das verbindet. Bei einem Besuch in Prizren im Kosovo sagte Erdoğan 2013, der Kosovo sei die Türkei und die Türkei sei der Kosovo. Inzwischen ist die Türkei für den Kosovo der drittgrößte Handelspartner.
Auch in Mazedonien trumpft die Türkei auf. Türkische Firmen haben dort rund 1,2 Milliarden Euro investiert. Die türkische Religionsbehörde Diyanet fördert den Bau von Moscheen und Religionsschulen für die muslimische Minderheit. „Wir werden unsere Brüder niemals im Stich lassen“, versprach Erdoğan .
Bei seiner Balkanstrategie konkurriert Erdoğan mit der Europäischen Union. Sie will die Länder des Westbalkans enger anbinden – vor allem, um Russlands wachsenden Einfluss zurückzudrängen. Inzwischen bereitet aber auch die wachsende Präsenz der Türkei in der Region Sorge. Der französische Präsident Emmanuel Macron betonte vor dem Europaparlament, er wünsche sich nicht, „dass sich der Balkan Russland oder der Türkei zuwendet“.