Schwuler Polizist wird für Diskriminierung entschädigt
Ein heute 77-Jähriger wurde 1976 wegen seiner Homosexualität aus dem Polizeidienst entfernt. Nach zehn Jahren Kampf bekam der Mann nun vom europäischen Höchstgericht recht.
WIEN. Im Jahr 1976 hat ein hoch dekorierter 32-jähriger Wiener Revierinspektor eine „der denkbar schwersten Pflichtverletzungen begangen“. Das befand die damalige Disziplinarkommission der Bundespolizeidirektion. Weiter hieß es in der Begründung: „Es steht außer Frage, dass Homosexuelle in den Reihen der Sicherheitsexekutive für diese an sich schon eine arge Belastung darstellen (...) Ein Mann, dessen homosexuelle Neigungen schon bekannt sind, würde wohl kaum Aufnahme bei der Sicherheitswache finden!“Herr B. wurde zu drei Monaten Gefängnis, verschärft durch einen Fasttag monatlich, verurteilt. Aus dem aktiven Polizeidienst musste er ausscheiden.
Knapp 43 Jahre später, im Jänner 2019, hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) Herrn B. quasi rehabilitiert. In einem Urteil befand das Höchstgericht, das Opfer müsse für die erlittene Diskriminierung und deren Folgen entschädigt werden. Für Herrn B. ist das ein Erfolg mit überaus bitterem Beigeschmack. Denn der mittlerweile 77-Jährige, seit 40 Jahren in einer festen Partnerschaft mit seinem Lebensgefährten, musste dafür ein Jahrzehnt lang kämpfen.
„Er freut sich sehr darüber. Es ist nur schade, dass man zu dieser Erkenntnis nicht schon viel früher und nicht in Österreich gelangt ist“, sagt Anwalt Helmut Graupner, der auch Präsident des Rechtskomitees Lambda ist. Seinem Mandanten gehe es gesundheitlich gut, auch wenn all die Verfahren einiges an Substanz gekostet hätten. „Ich hoffe, dass er den Erfolg noch lang genießen kann. Das Ganze war für ihn vor allem psychisch eine große Belastung.“Mit den Medien möchte Herr B. nicht sprechen. Was er jetzt will und braucht, ist Ruhe. Graupner präzisiert: „Es ging nicht darum, den Fall noch einmal aufzurollen. Es ging darum, dass diese Diskriminierung von vor 40 Jahren laufend negative Auswirkungen hatte.“
2009 beantragte Herr B., damals bereits im Ruhestand, die Nachzahlung der Differenz zur regulären Pension sowie eine Entschädigung für die erlittene Diskriminierung. Allein die Pensionsnachzahlung, mit der B. nun rechnen darf, macht fast 37.000 Euro aus. Die Höhe der Entschädigung ist derzeit noch offen. Diesbezüglich liegt der Ball beim Bundesverwaltungsgericht. Es folgten Jahre, in denen B. abschlägige Bescheide erhielt, diese beeinspruchte, teils recht bekam, teils wieder abgewiesen wurde und neuerlich Beschwerde erhob.
2016 dann der Knalleffekt: „Da befand eine Richterin des Bundesverwaltungsgerichts, dass der ehemalige Polizist gar nicht diskriminiert worden sei. Und zwar ohne die beantragte mündliche Verhandlung abzuhalten und ohne den Betroffenen jemals gesehen zu haben“, erinnert sich Anwalt Graupner. Der Verwaltungsgerichtshof hat schließlich beschlossen, die Sache dem EuGH vorzulegen.
Helmut Graupner Fazit: „Es ist schön, wenn man in letzter Instanz gewinnt, aber es war ein Riesenaufwand für Herrn B. und ein großer finanzieller Einsatz. Er musste viel Geld vorstrecken.“Nach zehn Jahren und dem Urteil eines Höchstgerichts blickt der Rechtsanwalt auch auf schwierige Phasen zurück: „Natürlich gab es immer wieder Zeitpunkte, wo sich mein Mandant gefragt hat: Werde ich das noch erleben?“Die Antwort hat ihm nun der EuGH gegeben.