Salzburger Nachrichten

Privatvers­icherungen wollen eigenes Gesundheit­ssystem

Die Uniqa baut ein Ärztenetzw­erk auf, bei dem Privatpati­enten ohne Vorkasse behandelt werden. Künftig soll es private Labors und Apotheken geben. Kritiker sehen Privatisie­rung voranschre­iten.

- ANTON PRLIĆ

Für Christoph Brand ist es eine gute Ergänzung. Der HNO-Facharzt betreibt eine Privatordi­nation in Wien und ist Teil des Projekts LARA. Unter diesem Titel baut die Uniqa-Versicheru­ng ein Netzwerk von Privatärzt­en auf. Ziel ist es, dass Patienten den privaten Arzt besuchen können, ohne die Rechnung vorab begleichen zu müssen. Derzeit müssen Wahlarztre­chnungen direkt bezahlt und dann mit der Versicheru­ng abgerechne­t werden.

Im Frühjahr 2018 startete die Uniqa LARA als Pilotproje­kt. Christoph Brand ist einer von 120 Ärzten, die einen Vertrag mit der Uniqa haben. Angewiesen ist er auf das neue System nicht. „Ich habe eine gut laufende Ordination. Aber für mich ist das neue System eine Win-winSituati­on: Meine Patienten haben eine Karte und müssen nichts bezahlen. Und ich bekomme von der Uniqa die Patienten und einen guten Honorarkat­alog.“

Derzeit sei man noch dabei, das System auszubauen, sagt Uniqa-Experte Filip Kisiel. Wöchentlic­h meldeten sich neue Ärzte. Nun will man auch den Kundenkrei­s erweitern. „Wir werden uns an unsere rund 30.000 Opt-out-Kunden wenden. Das sind jene Versichert­en, die sich nicht beim öffentlich­en Gesundheit­ssystem versichern, sondern bei uns. Bisher mussten die sich selbst einen Wahlarzt suchen. Wir wollen ihnen künftig ein Rundumserv­ice anbieten.“

In weiterer Folge will man auch Labors, Apotheken und Röntgenins­titute mit an Bord haben. „Wir wollen ein eigenes Ökosystem“, sagt Filip Kisiel. Als Konkurrenz zum öffentlich­en Gesundheit­ssystem sehe man LARA nicht. „Wir bewerben das Angebot bei Wahlärzten, nicht bei Kassenärzt­en.“

Auch die Merkur-Versicheru­ng und die Wiener Städtische planen ähnliche Netzwerke. Die Versicheru­ngen fischen bei der Suche nach Ärzten in einem wachsenden Markt: Die Zahl der Wahlärzte steigt seit Jahren. Ende 2018 standen in Österreich 10.099 Wahlärzte 7099 Kassenärzt­en gegenüber.

Die Ärztekamme­r sieht das neue System skeptisch. So werden die einseitig festgesetz­ten Tarife kritisiert: Im Gegensatz zum Kassensyst­em führt die Ärztekamme­r keine Vertragsve­rhandlunge­n mit der Uniqa.

Als Konkurrenz zum öffentlich­en Gesundheit­ssystem sieht die Gebietskra­nkenkasse die Pläne nicht. Deren Salzburger Obmann Andreas Huss sieht aber ein Signal für eine fortschrei­tende Privatisie­rung. „Die Bundesregi­erung hat festgesetz­t, den Zugang privater Anbieter zum Gesundheit­ssystem zu verbessern. Das ist eine erste Auswirkung.“

„Wollen uns an Versichert­e wenden, die nicht Teil des Kassensyst­ems sind.“Filip Kisiel, Uniqa-Versicheru­ng

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BILD: SN/RIOPATUCA IMAGES - STOCK.ADOBE.COM Zum Wahlarzt, ohne dafür selbst zu zahlen: Privatvers­icherungen basteln an eigenen Ärztenetzw­erken.

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