„Die Küche hat das Auto als Statussymbol abgelöst“
Markus Miele, Urenkel des Firmengründers, erklärt, warum bei Dampfgarer und Waschmaschine nicht Asien den Markt beherrscht. Und warum jedes Miele-Teil über ein Jahr im Dauerwaschgang überstehen muss, bevor es auf den Markt kommt.
Vor 90 Jahren war die Einführung des ersten elektrischen Geschirrspülers in Europa durch Miele ein Flop. Wer trotz Krise 1929 Geld hatte, überließ sein Geschirr lieber dem Dienstmädchen, sagt Markus Miele. Heute führt er das deutsche Familienunternehmen in vierter Generation. In Österreich ist man mit 20 Prozent Marktanteil bei großen Haushaltsgeräten Marktführer. SN: Ob Fernseher oder Smartphone, Unterhaltungselektronik kommt fast ausschließlich aus Asien. Wird das bei Haushaltsgeräten auch bald so sein? Markus Miele: Wir haben nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa eine starke Haushaltsgeräteindustrie. Anders als in der Unterhaltungselektronik sind die Geräte hier spezifischer auf Märkte ausgelegt, wenn es ums Kochen und Waschen geht, gibt es andere Wünsche und Bedürfnisse. Und gerade Kochen liegt ja unglaublich im Trend. SN: Es zählt die Marke, die Küche wird zum Statussymbol? Wenn man sich anschaut, was Leute heute bereit sind, für ihre Küche auszugeben, und wie viele Geräte sie integrieren, kann man schon sagen, dass die Küche in gewisser Weise das Auto als Statussymbol abgelöst hat. Für seine Leidenschaft ist man bereit, Geld auszugeben. SN: Wir leben in einer schnelllebigen Zeit, das Handy wechselt man alle zwei Jahre. Miele-Geräte sind auf 20 Jahre ausgelegt. Gerade in einer schnelllebigen Zeit will man sich nicht an alles ständig neu gewöhnen, schätzt Beständigkeit. Die Waschmaschine ist mehr wie ein Arbeitspferd, das funktionieren soll. Klar gibt es Innovationen, aber wegen des Energie- und Wasserverbrauchs brauche ich nicht stets neue Geräte. Von Miele erwartet der Kunde Langlebigkeit. SN: Wie lang hat der Kunde im Durchschnitt ein Miele-Gerät? Deutlich länger als Konkurrenzprodukte. Ich habe eine Zuschrift bekommen von einer Frau, die nach 38 Jahren ihre Waschmaschine ausgetauscht hat. Das wisse sie so genau, weil damals ihr Sohn geboren wurde. Freilich ist das eine Ausnahme. Aber bei uns wird jedes Gerät auf 20 Jahre getestet. Bei der Waschmaschine sind das 10.000 Betriebsstunden, das sind also ein Jahr und drei Monate, die jedes Teil bei uns im Test im Dauerwaschgang durchlaufen muss, bevor wir überhaupt entscheiden, ob es geeignet ist. SN: Miele stellt gerade einen Geschirrspüler mit automatischer Dosierung vor. Ist das nicht eine bescheidene Innovation, wenn andere über künstliche Intelligenz reden? Gerade bei Haushaltsgeräten zählt nur die Frage, wie viel einfacher mache ich das Leben der Kunden? Es kommt nicht darauf an, das technisch Machbare zu machen, sondern das, was der Kunde will. Man- ches, was innovativ klingt, macht es für den Kunden nur komplizierter. SN: Warum will Miele im Konzern 100 Millionen Euro einsparen? Das ist eine präventive Maßnahme, wir investieren sehr viel in das Thema Smart Home, dafür brauchen wir anderswo Einsparungen. SN: Das Miele-Werk in Bürmoos hat die Produktion von Medizintechnikgeräten an Italien verloren. Wie geht es weiter? Bürmoos konzentriert sich jetzt auf Komponenten, auf Edelstahlprodukte, Blenden und Körbe, die an unsere Werke in Deutschland, aber auch Italien geliefert werden. Verlagert wurde die Produktion von Sterilisatoren und Containerwaschanlagen für die Medizintechnik. Das ist fast abgeschlossen und es zeigt sich, dass es dennoch gut läuft. SN: Miele hat 2017 eine Standortgarantie für vier Jahre gegeben. Müssen die Mitarbeiter in Bürmoos fürchten, dass es dann aus ist? Bürmoos hat extrem lange Erfahrung und damit auch viel Knowhow, es liefert Komponenten mit sehr hoher Qualität. Gerade wenn es um Neuentwicklungen geht, ist es da gut, wenn man sich auf ein eigenes Werk verlassen kann.