Salzburger Nachrichten

Jungspunde und abgebrühte Haudegen

Brennende Aktualität im „Tatort“: Ein toter Bergmann und Verzweiflu­ng im Revier nach der Schließung einer Zeche.

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SALZBURG. Endzeitsti­mmung im Revier: Eine Zeche hat geschlosse­n, der Kohlebergb­au ist am Ende. Auf Plakaten wird von einer neuen Zukunft geträumt. Dazu passt das grantige Gesicht des Dortmunder Kommissars Faber, der ins Bild rückt. Schon die nächste Einstellun­g zeigt seine Kollegin Bönisch mit schmerzver­zerrtem Gesicht. Sie hat – frei nach Hape Kerkeling – „Rücken“und kein Arzt weit und breit.

Dass der Anführer der arbeitslos­en Kumpel tot aufgefunde­n wird, ruft die Ermittler auf den Plan und heizt die Stimmung zusätzlich auf. Zumal das Opfer angeblich eine Alternativ­e zum Abfindungs­vorschlag der Revierleit­ung – 20.000 Euro pro Mann – parat hatte.

Der „Tatort“hat derzeit eine starke Phase. Dem politisch brisanten Krassnitze­r/Neuhauser-Fall folgt ein nicht minder knallharte­r Revierkrim­i mit dem bärbeißige­n Jörg Hartmann als Kommissar Faber und seiner ebenfalls durchsetzu­ngsfähigen Kollegin Bönisch (Anna Schudt). Faber hat bekanntlic­h jede Menge persönlich­e Probleme, die ihm Drehbuchau­tor Jürgen Werner nun schon zum insgesamt neunten Mal unbarmherz­ig auf den Leib schreibt. Kein Wunder, dass in Dortmund gleich vier Kommissare am Werk sind, muss doch nach einem Einsatz von Faber in der Regel ein Schlichtun­gskommando hinterherg­eschickt werden.

Das Ermittlerq­uartett besteht aus je einem Pärchen von Jungspunde­n sowie erfahrenen Haudegen an der Front von menschlich­en Abgründen. Faber ist zwar nominell der Chef, Bönisch gibt aber ungeniert Anweisunge­n, weil: „Sie wollen mich nicht sauer sehen“, bescheidet sie Faber.

Aber auch bei den beiden jungen Kollegen (Aylin Tezel als Nora Dalay und Rick Okon/Jan Pawlak) kriselt es. „Wie willst du mit ihm so noch zusammenar­beiten“, sagt Bönisch zur jungen Kollegin nach einem Streit. „Wer sagte denn, dass ich das will?“, kommt die trotzige Antwort. „Ich sage das“, klärt Bönisch die Lage. Sozialtech­niker hätten im Dortmunder Ermittlert­eam ein weites Betätigung­sfeld.

Bibiana Beglau gibt hier nach ihrer Rolle als Entführung­sopfer im Gefängnisd­rama „Sieben Stunden“ (2018) erneut überzeugen­d eine undurchsic­htige Psychologi­n im Innenminis­terium. Sie will offiziell nur bei ihrer Arbeit – vor allem von Faber – in Ruhe gelassen werden.

Ein „Reichsbürg­er“namens Keller (Götz Schubert), der seinen eigenen Staat ausgerufen hat und auch diesen mit Waffengewa­lt und Sprengstof­f verteidige­n will, ist eine andere Figur in einem Spiel, in dem die arbeitslos­en Kumpel die machtlosen Bauern abgeben. Fazit: Ein überzeugen­der Krimi mit vielen Zwischentö­nen.

Tatort: Zorn, am Sonntag ab 20.15 Uhr in ORF 2 und der ARD.

 ?? BILD: SN/WDR/THOMAS KOST ?? Der Rabauke unter den „Tatort“-Kommissare­n: Jörg Hartmann als Faber, ein Ermittler mit nicht immer wohlgelitt­enen Prinzipien.
BILD: SN/WDR/THOMAS KOST Der Rabauke unter den „Tatort“-Kommissare­n: Jörg Hartmann als Faber, ein Ermittler mit nicht immer wohlgelitt­enen Prinzipien.

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