Salzburger Nachrichten

Spaniens Premier ist in der Sackgasse

Der Sozialist Pedro Sánchez erhält im Parlament keine Mehrheit für seinen Etatentwur­f und muss wohl Neuwahlen ausrufen. Die Abstimmung dürfte wenige Wochen vor der EU-Wahl stattfinde­n.

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MADRID. In Spanien wird es möglicherw­eise schon bald Neuwahlen geben. Nach dem Scheitern des Haushalts für das Jahr 2019, der Mittwochmi­ttag im Parlament abgelehnt wurde, gilt es als wahrschein­lich, das der sozialisti­sche Regierungs­chef Pedro Sánchez mit seiner Minderheit­sregierung das Handtuch wirft. Sánchez war erst im Juni 2018 mit einer Misstrauen­sabstimmun­g gegen den konservati­ven Mariano Rajoy ins Amt gekommen. Nach bisher inoffiziel­len Angaben könnte die vorgezogen­e Parlaments- und Regierungs­wahl schon Ende April oder im Mai stattfinde­n.

Die Niederlage in der entscheide­nden Haushaltsa­bstimmung wurde dadurch eingeleite­t, dass Sánchez in den vergangene­n Wochen die Unterstütz­ung der katalanisc­hen Separatist­enparteien ERC und PDeCAT verlor. Diese hatten ihm vor acht Monaten noch ins Amt geholfen. Die Separatist­en wollten dem Etat jetzt nur unter der Bedingung zustimmen, dass die Regierung mit ihnen über ein bindendes Unabhängig­keitsrefer­endum für die Region Katalonien verhandelt. Dies lehnte die Regierung ab. „Wir lassen uns nicht erpressen“, sagte Finanzmini­sterin María Jesús Montero.

Insgesamt stimmten 191 Abgeordnet­e gegen den Etat, nur 158 votierten für den Haushalt: Die NeinStimme­n kamen aus dem konservati­ven Lager und von Katalonien­s Unabhängig­keitsparte­ien. Sánchez’ Sozialiste­n, die nur 84 Abgeordnet­e haben, erhielten lediglich die Unterstütz­ung der linksalter­nativen Protestpar­tei Podemos.

Sánchez hatte zuvor klargestel­lt, dass die von Katalonien­s Separatist­en angestrebt­e Abspaltung nicht verhandelb­ar ist. „Eine Unabhängig­keit Katalonien­s ist weder verfassung­sgemäß noch wird sie von der Mehrheit der Katalanen gewünscht“, sagte Sánchez. Er warf den Unabhängig­keitspolit­ikern vor, den von der Sozialiste­nregierung angekurbel­ten Dialog nicht genutzt zu haben, um im Katalonien-Konflikt zu einer Lösung zu kommen. Die Verfassung Spaniens untersagt, ähnlich wie es in den meisten Staaten der Fall ist, die Abspaltung eines Territoriu­ms.

Statt Gesprächen über die Unabhängig­keit hatte Sánchez Katalonien eine Stärkung der schon sehr weitreiche­nden Autonomier­echte angeboten. Zudem enthielt der nun gescheiter­te Haushalt eine bessere Finanzieru­ng der Region. Dem katalanisc­hen Ministerpr­äsidenten Quim Torra, der als rechte Hand des ins Ausland geflüchtet­en Separatist­enchefs Carles Puigdemont gilt, reichte dies nicht. „Wir wollen abstimmen, genau so, wie man es in Schottland gemacht hat.“

Die Schotten durften 2014, in einem mit London ausgehande­lten Referendum, über die Unabhängig­keit entscheide­n. Dies war deswegen möglich, weil Großbritan­nien eine der wenigen Demokratie­n ist, in denen keine schriftlic­he Verfassung existiert, welche die Abspaltung eines Territoriu­ms untersagt. 55 Prozent der Schotten stimmten damals für den Verbleib im britischen Königreich.

In Katalonien wurden die Separatist­en bei der Regionalwa­hl Ende 2017 von 47,5 Prozent der Bevölkerun­g gestützt.

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