Aug um Auge, Zahn um Schraube
Die Heldin von „Alita: Battle Angel“hat eine komplizierte Geschichte.
Eine junge Frau als heldenhafte Beschützerin: Das futuristische 3D-Cyberpunk-Spektakel „Alita: Battle Angel“handelt von einem schmalschultrigen Cyborg mit riesigen gefühlvollen Augen (gespielt von Rosa Salazar und unterstützt von einer Schar Computeranimationskünstler), der von dem DoktorMechaniker Ido (Christoph Waltz) als neugieriges junges Mädchen zusammengebaut wird und zur Kämpferin gegen das Böse heranreift.
Die Mythen-Gemengelage ist hier fast unüberschaubar, von Pygmalion über Pinocchio und gleich mehrere Science-Fiction-Filme, etwa „Rollerball“, „Das fünfte Element“bis hin zu „Elysium“. Das liegt einerseits grundsätzlich am Science-FictionGenre, das sich immer wieder ähnlicher Motive bedient, andererseits aber auch am zugrunde liegenden Stoff: Der erfolgreiche Manga „Battle Angel Alita“von Yukito Kishiro aus dem Jahr 1993 handelt von einem weiblichen Cyborg, der aus den verschrotteten Teilen einer hochentwickelten Kampfmaschine zusammengebaut wird.
Schon vor über zwanzig Jahren hatte James Cameron in Interviews zu Protokoll gegeben, den AlitaStoff verfilmen zu wollen, und begann ein Drehbuch. Dann kam allerdings ihm sein Animations-Meilenstein „Avatar“dazwischen. Nun hat Robert Rodriguez „Alita: Battle Angel“verfilmt, produziert von Cameron.
Von der japanischen DNS des Stoffes sind nur die Namen geblieben, alle Charaktere sind von weißoder braunhäutigen Darstellern gespielt, was einen merkwürdigen Beigeschmack hat. Die Handlung ist in eine amerikanische Großstadt ins 26. Jahrhundert verlegt, 300 Jahre nach dem Großen Krieg, seit dem die Menschheit in verseuchte Slums auf der Erde und eine irreal luxuriöse Parallelgesellschaft in schwebenden Städten kilometerhoch über dem Horizont geteilt ist. Die schwebenden Städte lassen ihre Abfälle einfach hinunter auf eine Deponie fallen, und hier findet Ido den noch funktionierenden Cyborg-Kopf, aus dem er wie ein futuristischer Geppetto seine Robotertochter Alita bauen wird, nach seiner ermordeten Tochter benannt und ebenso schützenswert. Der Film mag am Reißbrett entworfen sein, ein aus tausend Quellen zusammengeschustertes Frankenstein-Monster wie seine Hauptfigur. Doch wie diese hat auch „Alita“trotz Flickwerk eine erstaunliche Anmut: Die Computereffekte, die Verfolgungsjagden quer durch die Stadt und in einer Arena, die eindrucksvollen CyborgRoboter-Monster, und zuvorderst diese berückend schlagfertige Heldin mit ihren albernen Telleraugen, das ergibt spektakuläre, atemlose Unterhaltung. Es muss nicht immer originell sein.