Regierung verteidigt das Gewaltschutzpaket
Nach gut einem Jahr Arbeit wurden mehr als 50 Maßnahmen im Ministerrat präsentiert. Die Regierung ist mit dem Ergebnis zufrieden, die Opposition übt dagegen Kritik.
Seit Jahresbeginn starben in Österreich sieben Frauen durch Gewaltdelikte. Tatverdächtig sind Männer – bis auf einen Fall, in dem eine Frau in U-Haft sitzt. Zuletzt schoss ein Mann in der Nacht auf Mittwoch einer Frau und dann sich selbst in den Kopf. Er starb in der Nacht, die Frau lag am Vormittag im Koma. Der Fall reiht sich ein in eine beispiellose Gewaltserie an Frauen in Österreich. Die tödlichen Attacken führten zu einer breiten Diskussion darüber.
Am Mittwoch brachte der Ministerrat das lang angekündigte Gewaltschutzpaket auf Schiene. Das Paket umfasst mehr als 50 Maßnahmen. Viele davon entspringen der vor rund einem Jahr eingesetzten Taskforce Strafrecht unter der Verantwortung von Staatssekretärin Karoline Edtstadler (ÖVP). Enthalten ist etwa eine Bannmeile, wonach sich Täter ihren Opfern auf 50 Meter nicht nähern dürfen. Einiges – wie die Erhöhung der Mindeststrafen und der Ausschluss von bedingten Strafen bei Vergewaltigungen – geht aber über die von den Experten verfassten Reformvorschläge hinaus und löste entsprechend Kritik bei Juristen, aber auch bei Frauenorganisationen aus. Edtstadler verwies am Mittwoch erneut darauf, dass es nicht nur um Strafverschärfungen, sondern auch um Opferschutz und Prävention gehe.
Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) lobte das Paket: „Wer sich in Österreich an Frauen und Kindern vergeht, der hat keine Milde verdient, sondern eine ordentliche, harte Bestrafung.“Kritik „von sogenannten Experten“schmetterte Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) ab. „Ich frage mich nur, was das für ein Zugang ist“, meinte er zur Feststellung, dass unbedingte Haftstrafen nicht unbedingt zu einem Rückgang der Kriminalität führen sollen. Gewalttäter müssten mit allen Konsequenzen rechnen und gehörten hinter „Schloss und Riegel“. Nur Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) gehen die Schritte der Regierung, das Strafrecht zu verschärfen, noch nicht weit genug: Er fordert im Asylbereich die Einführung eigener Tatbestände wie „Behördentäuschung“, also wenn ein Flüchtling falsche Angaben macht.
Die Opposition reagierte mit Kritik auf die geplanten Maßnahmen der Regierung zur Bekämpfung von Gewaltdelikten. Es fehle Geld für Opferschutz und Täterarbeit, kritisierte etwa SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim. Nikolaus Scherak (Neos) hatte bereits am Dienstag gefordert, Täterarbeit, Männerberatung und Gewaltprävention „massiv“auszubauen. Er verwies darauf, dass derzeit nur drei Prozent jener Männer an einem Anti-Gewalt-Training teilnähmen, über die ein Betretungsverbot verhängt worden sei. Maria Stern von der Liste Jetzt hatte im Vorfeld auf die volkswirtschaftlichen Kosten infolge häuslicher Gewalt verwiesen, die 3,7 Milliarden Euro pro Jahr betrügen.
Gegen Gewalt an Frauen richtet sich auch am Donnerstag der internationale Aktionstag „One Billion Rising“. Dass bei diesen Veranstaltungen ausgerechnet getanzt wird, hat unter anderem auch damit zu tun, dass Frauen nicht überall auf der Welt an öffentlichen Orten tanzen dürfen. „One Billion“(eine Milliarde) bezieht sich auf die Zahl der weiblichen mutmaßlichen Gewaltopfer weltweit.