Pflanzen brauchen die Kälte
Ein Protein beeinflusst ältere Pflanzen zu blühen. Sprösslinge haben das nicht. Einjährige Pflanzen haben es besonders eilig.
KÖLN. Pflanzen wissen genau, wann es Frühling wird. Komplizierte chemische Abläufe in ihrem Inneren bringen sie schließlich zum Blühen. Wichtig sind etwa Tageslänge und Temperatur. Obstbäume zählen sogar mit einer Art inneren Uhr die Warmtage, ehe sie austreiben.
Manche Gewächse besitzen „Fühler“, die die Außentemperaturen messen. Und umgekehrt benötigen Pflanzen wie Narzissen, Krokusse und Tulpen mindestens einige Wochen der Kälte im Winter, um in ihren Zwiebeln überhaupt erst die Vorstufen der Blüte anzulegen. Erst dann, selbst wenn draußen noch ein bisschen Schnee liegt, durchdringen sie mit ihren erstaunlich starken Blättchen das Erdreich und bringen ihre bunten Blüten hervor. Dass das Pflanzenwachstum genau so funktioniert, hat einen bestimmten Grund und den haben jetzt Forscher des Kölner MaxPlanck-Instituts für Pflanzenzüchtung entdeckt.
Viele Pflanzen wissen nach einer Kälteperiode, dass es so weit ist. Allerdings blühen nur ältere Pflanzen unter diesen Bedingungen. Noch junge Pflanzen reagieren oft nicht oder nur geringfügig auf Kälteeinwirkung. Die Forscher untersuchten nun, wie das Alter der Pflanzen deren Empfänglichkeit für Winterkälte beeinflusst. Und fanden heraus, dass die Aktivität eines bestimmten Proteins, des SPL15, das Alter bestimmt, in dem mehrjährige Pflanzen nach Kälteperioden zu blühen beginnen.
Einjährige Pflanzen bilden das Protein zwar auch, können aber auch unabhängig davon blühen, wenn die Tage länger und wärmer werden. Durch die Übertragung eines einzelnen Gens von einer mehrjährigen auf eine einjährige Art konnten die Forscher das Blühverhalten grundlegend verändern. Die Strategien von Pflanzen, sich zu vermehren, sind sehr unterschiedlich. Einjährige Pflanzen haben es naturgemäß eiliger. Sie beginnen bei halbwegs passenden Umweltbedingungen wie warmen Temperaturen und günstiger Tageslänge schon kurz nach der Keimung zu blühen. Mehrjährige Pflanzen hingegen durchlaufen in ihrem Leben zahlreiche Blühperioden und müssen daher mit ihren Ressourcen umsichtiger umgehen.
Diese Erkenntnis könnte neue Wege eröffnen, um das Blühverhalten von Pflanzen gezielt zu verändern. Etwa um den landwirtschaftlichen Anbau in verschiedenen Klimazonen zu optimieren.