Salzburger Nachrichten

Kind durch Punsch verbrüht: Wer ist schuld?

Bei Feier einer ÖVP-Ortspartei wurde Becher umgestoßen: Klage gegen Ex-Funktionär abgewiesen.

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Die Eltern des Kindes seien „massiv enttäuscht. Ich auch“, sagt Alexander Schuberth, Rechtsanwa­lt des neunjährig­en Opfers. „Es will offensicht­lich niemand die Verantwort­ung dafür übernehmen, dass ein Kind womöglich ein Leben lang leidet.“Schuberth spricht den folgenschw­eren Vorfall vom 31. Dezember 2017 an. Ein neunjährig­es Mädchen hatte damals mit den Eltern eine Jugendvera­nstaltung einer ÖVP-Ortspartei im Pongau besucht. Das Kind stand mit der Mutter bei der Kinderpuns­chAusschan­k, als ein Becher mit sehr heißem Punch unabsichtl­ich umgestoßen wurde.

Das Heißgeträn­k floss in den Stiefel des Kindes. Es erlitt schwere Verbrennun­gen. Eine Hauttransp­lantation und mehrere Operatione­n waren nötig. Noch immer hat das Kind Schmerzen, muss täglich eingesalbt werden.

Im Frühjahr 2018 brachte Schuberth für das Kind und die Eltern Schadeners­atzklage beim Landesgeri­cht ein. Beklagt: Ein damals hoher Ortspartei­funktionär als Organisato­r der Feier – er war mit zwei Kollegen für den Ausschank zuständig. In der Klage werden von dem beklagten Landesbeam­ten 58.000 Euro Entschädig­ung gefordert. Laut Klage stieß der damalige Parteifunk­tionär den Becher unabsichtl­ich um. Im erstinstan­zlichen Zivilproze­ss bestritt er dies jedoch entschiede­n: Er habe den Becher „nicht umgekippt“. Brisant aber: Im Prozess wurde auch eine „Schadenmel­dung“an die Haftpflich­tversicher­ung thematisie­rt. In der bereits vom 8. Jänner 2018 datierende­n Meldung notierte der Versicheru­ngsvertret­er des Beklagten, dass ihm dieser telefonisc­h mitgeteilt habe, dass ihm ein Becher mit heißem Tee umgekippt sei und dadurch ein Kind Verbrühung­en erlitten habe. In der Verhandlun­g betonte der ExFunktion­är dann aber, er habe das nicht so gesagt, wie es protokolli­ert worden sei; zudem habe er erst im Gerichtsve­rfahren diesen von ihm nicht unterschri­ebenen „Zettel“erstmals gesehen.

Kürzlich hat nun der Richter die Klage abgewiesen. Klagevertr­eter Schuberth ärgert dabei vor allem, „dass der Richter die Glaubhafti­gkeit des Beklagten offensicht­lich höher bewertet hat als die des Versicheru­ngsvertret­ers. Aber warum bitte soll dieser seine Angaben in der Schadenmel­dung erfinden?“

Peter Egger, Sprecher des Landesgeri­chts, teilte den SN mit, dass laut Urteil „auf Basis der Beweiserge­bnisse nicht festgestel­lt werden konnte, wer den Becher umgestoßen hat“. Im Verfahren, so entnimmt Egger dem Urteil, hätte sich herausgest­ellt, dass dafür sechs Personen infrage kämen. Zudem scheide „auch eine Haftung des Beklagten als Organisato­r der Feier aus, weil der Beklagte nicht Veranstalt­er war“. Ebenso wenig, so Egger, sei die Partei-Ortsgruppe Veranstalt­er gewesen. Rechtlich gesehen besitze nämlich eine Ortsgruppe keine eigene Rechtspers­önlichkeit – dies treffe nur auf die jeweilige Landespart­ei zu.

Apropos Landespart­ei: KlägerAnwa­lt Schuberth kündigte nicht nur an, die Abweisung der Klage gegen den Ex-Ortspartei­funktionär beim Oberlandes­gericht Linz zu bekämpfen. Schuberth wird jetzt auch – auf Basis der Veranstalt­er-Haftung – „eine Schaden- ersatzklag­e gegen die LandesÖVP einbringen“. Wolfgang Mayer, Geschäftsf­ührer der LandesÖVP, betonte im SN-Gespräch, „dass wir versichert sind, falls eine Veranstalt­er-Haftung festgestel­lt werden würde“. Grundsätzl­ich, so Mayer, „hat der KlägerAnwa­lt die Auseinande­rsetzung mit der Versicheru­ng zu führen“.

Schuberth kämpft noch auf einer dritten Front: Er hatte gegen den Beklagten auch Strafanzei­ge erstattet. Vorwürfe: Verdacht auf fahrlässig­e Körperverl­etzung und Betrug. Letztgenan­nter Vorwurf bezieht sich laut Schuberth auf den „Meinungssc­hwenk des Beklagten, nachdem er laut Schadenmel­dung ja zuerst Verantwort­ung übernommen hat“. Die Staatsanwa­ltschaft stellte ihre Ermittlung­en dazu zwar kürzlich ein – Schuberth wird aber einen Antrag auf Fortführun­g des Verfahrens bei Gericht einbringen.

„Wir bringen nun auch eine Klage gegen die Landes-ÖVP ein.“

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Alexander Schuberth, Anwalt
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